In dem kleinen Ort Deesum, an der Nordsee- Küste, stand ein
alter Leuchtturm. Er war schon lange kein Seezeichen mehr, sondern nur noch
Wahrzeichen. Seinen Dienst versah nun ein moderner Turm an der Hafeneinfahrt,
etwa 500 Meter entfernt.
Der alte Turm aber, war nur noch ein Schmuckstück des Ortes, welcher kaum 800 Einwohner hatte.
Am Leben gehalten, von einem Verein alter Enthusiasten,
ehemalige Leuchtturmwärter, und See-Lotsen, war er ein Technik-Denkmal.Monument einer
vergangenen Zeit, stand er etwas Außerhalb des Ortes auf einer Landzunge, und war sowohl durch einen Boots-Anleger, als auch vom Deich aus erreichbar.
Könnte er sprechen, so könnte er viele Geschichten erzählen aus seinem Bewegtem Leben, in dem er über Hundert Jahre lang Seeleuten den Weg gewiesen hatte, und vom Leben der Menschen an der Küste.
Könnte er sprechen, so könnte er viele Geschichten erzählen aus seinem Bewegtem Leben, in dem er über Hundert Jahre lang Seeleuten den Weg gewiesen hatte, und vom Leben der Menschen an der Küste.
Der letzte, der den Turm als Wärter betrieben hatte, war Jan
Harmssen. Noch Heute sah er regelmäßig nach dem Rechten, und öffnete hin und
wieder den Turm für Touristen.
Harmssen hatte aber noch eine andere Aufgabe, die er trotz seines
fortgeschrittenen Alters von immerhin Anfang Siebzig mit ausführte.
Auch wenn Deesum ein kleiner, und wenig bedeutender Ort war,
besaß man doch eine Seenot-Rettungsstation mit einem kleinen, in die Jahre gekommenen,
Seenot-Rettungskreuzer, der „Ariane“. Harmssen gehörte zu den ehrenamtlichen
Helfern, und war ihr Kapitän.
An jenem Abend im Dezember ,es war der Vorweihnachtsabend,
hatte er Dienst.
Zusammen mit drei Kollegen, nämlich Fritz Mikoteit, Anfang
Fünfzig der aus Danzig stammte, Erwin Jöndrup, Vierzig Jahre alt, und zum
Schluss Karl Wesselin, 65 Jahre alt, der wegen seiner besonders langen,
hageren Staue auch „die Bohnenstange“
genannt wurde, hatte er Heute die Rettungs-Wacht.
Tagsüber hatte es ein wenig geschneit, aber insgesamt war das
Wetter eher ruhig gewesen. Nun gegen Abend jedoch, wurde der Schneefall
dichter, und der Wind nahm zu. Über dem Meer bildete sich ein Sturm.
Trotzdem hoffte die Mannschaft auf einen ruhigen Abend. Das
Radio war an, Skat-Karten lagen auf dem Tisch, und Tee war aufgebrüht. Durch
das Fenster ihrer Unterkunft, und durch das dichte Schnee-Gestöber, konnten sie
die bunten Lichter der Weihnachtsbeleuchtung auf der Einkaufs- Strasse, und den
Weihnachts -Schmuck an den Häusern sehen.
In diese Behaglichkeit platzte nun der Notruf, den das
Funkgerät auffing. Ein Küstenfrachter war in dem aufziehenden Orkan in Seenot
geraten, und havariert. Harmssen und seine Mannschaft machten das Schiff klar,
und fuhren hinaus, um der Besatzung des Kümos zu Hilfe zu kommen.
Mühsam quälte sich der alte, gerade mal 20 Meter lange
Seenotkreuzer durch Meter hohe Wogen in Richtung der Koordinaten, die der
Havarist angegeben hatte .Fast wäre das altersschwache Schiff selber gekentert,
aber es ging noch einmal gut.
Es war dunkel, Schneeflocken erschwerten zusätzlich noch die
Sicht, und die Hoffnung der Männer, das in Not geratene Schiff noch zu finden
schwand mit jeder Minute.
Doch dann rief Fritz plötzlich: "Da, ich sehe was, da ist ein Licht."
Tatsächlich handelte es sich um ein Positionslicht. Sie hatten das Schiff tatsächlich doch noch gefunden.
Doch dann rief Fritz plötzlich: "Da, ich sehe was, da ist ein Licht."
Tatsächlich handelte es sich um ein Positionslicht. Sie hatten das Schiff tatsächlich doch noch gefunden.
Langsam kämpfte sich der kleine Seenot-Kreuzer durch die
Fluten zu dem Havaristen heran, der bereits der länge nach gekippt war, und
schräg im Wasser lag. Das das Kümo nicht mehr zu retten war, war sofort klar.
Wichtig war jetzt die Besatzung zu retten.
Schließlich gelang es der Ariane, längsseits an das Schiff
zu gehen. Die Besatzung, Vier Mann, stand an Deck und winkte.
Die Männer der „Ariane“ warfen Seile hinüber, um Den Seenot-Retter näher an das havarierte
Schiff zu ziehen, und so das Umsteigen zu ermöglichen.
Grade in diesem Moment hob eine gewaltige Welle den Bug des
Frachters aus dem Wasser, und schleuderte ihn auf den vorderen Teil der
„Ariane“.
Krachend zerbarst der Seenot-Rettungskreuzer, und begann
sich nach vorn in die Tiefe zu neigen.
Geistesgegenwärtig schrie Harmssen:„Die kleine Ariane zu
Wasser, schnell!"
Die kleine Ariane war das Beiboot der Ariane, ein Zodiak-
Festrumpf-Schlauchboot von Sieben Meter
Länge, das, eng zusammengerückt, bis zu 10 Mann befördern konnte.
Kaum hatte er diesen Befehl in den Orkan-Wind geschrien, lief
er schon selber ans Heck, und begann die Taue zu lösen, die das Zodiak hielten.
Das Boot glitt ins Wasser, und die Mannschaft sprang hinein.
Die Crew des Frachters, die dies mit angesehen hatte, sprang ins Wasser, und
wurde von den Seenot-Rettern an Bord der kleinen Ariane geholt. Harmssen warf
den Außenborder an, und sie fuhren los, während die Ariane zusammen mit dem
Kümo in den Fluten versank.
Der Zodiak machte
sich mit den Acht Männern auf den Weg zur Küste, soweit es möglich war. Die
Navigations-Instrumente waren beschädigt wurden, als der Frachter auf die
Ariane geschleudert wurde, weil die Wucht des Aufpralls den Seenot-Kreuzer kurz
aus dem Meer hob, und es wieder zurück schleuderte. So mussten sie nach Gefühl
navigieren.
Dunkelheit und dichtes Schneetreiben nahmen fast jede Sicht,
und hohe Wellen schleuderten das kleine Boot hin und her. überspülten die
Insassen, und schleuderten schließlich einen über Bord, der mit viel Mühe noch
gerettet werden konnte.
So quälten sie sich durch Sturm, Unwetter und Wogen. Irgendwann,
sie begannen mittlerer Weile ihr Zeitgefühl zu verlieren, setzte der Motor aus.
„Verflucht, kein Benzin mehr“, stieß Harmssen hervor. Auch
keine Reserve mit.
„Es hilft nichts, rief er “Wir müssen rudern.“
Er griff sich zwei Riemen, die die neben ihm im Bug lagen,
und reichte sie nach hinten weiter.
„Wir wechseln uns ab. Jeder eine Stunde“
So begannen sie zu rudern. Bei diesem Seegang und dem Unwetter
eine unmenschliche Kraftanstrengung, auch wenn sie sich abwechselten.
Die Hoffnung auf Rettung wurde immer kleiner unter den Männern, ebenso wie ihre Kräfte schwanden. Nass, zitternd vor Kälte, erschöpft von der Anstrengung des Ruderns, dem Wüten des Sturms hilflos ausgesetzt, begannen sie mit dem Leben abzuschließen. Es war eine düstere Stimmung. Wenn es doch nur ein Zeichen gäbe, wenn man doch nur etwas von der rettenden Küste erkennen konnte, das Mut gab.
Die Hoffnung auf Rettung wurde immer kleiner unter den Männern, ebenso wie ihre Kräfte schwanden. Nass, zitternd vor Kälte, erschöpft von der Anstrengung des Ruderns, dem Wüten des Sturms hilflos ausgesetzt, begannen sie mit dem Leben abzuschließen. Es war eine düstere Stimmung. Wenn es doch nur ein Zeichen gäbe, wenn man doch nur etwas von der rettenden Küste erkennen konnte, das Mut gab.
Einige begannen schon zu beten, und den Seelenfrieden vor
dem sicheren, und offenkundig unabwendbaren, Tod zu suchen.
Plötzlich rief Karl die Bohnenstange: „Da seht!“, und er wies
nach vorn.
Alle sahen in die Richtung, in die er zeigte, und sahen es: Da,
in der Ferne, war ein Licht, ein helles Licht, das ihnen entgegen blinkte.
„Ich hoffe, das ist jetzt keine Sinnestäuschung" stöhnte
Jöndrup.
„Nein, das muss ein Leuchtfeuer sein“, rief Harmssen „wir
sind der Küste nahe. Das muss unsere Hafeneinfahrt sein. Los, das schaffen wir
jetzt auch noch.“
Und er nahm sich selbst die Riemen, und ruderte mit
kräftigen Schüben dem Licht entgegen, durch das wütend schäumende Wasser,und die
über sich zusammenschlagenden Wellen, Schneegestöber und Kälte vergessend
,durch den neu gewonnenen Mut.
Nach einiger Zeit rief Fritz: Das ist nicht unser Hafen!“
„Egal“, gab Jan zurück, der grade die Ruder an Jöndrup
weiter gab. “Hauptsache, es ist eine Küste, denn das ist unsere einzige
Rettung."
Sie ruderten weiter, und als sie schließlich in Sichtweite
des Ufers geraten waren, stockte zumindest den vier Seenot-Rettern der Atem,
und mit weit aufgerissenen Mündern, sahen auf die Quelle des Lichtes, der sie
entgegen fuhren.
„Mein Gott, wie ist das möglich?“, stieß Harmssen hervor „Das
alte Ding ist doch seit Jahren außer Betrieb. Ich war erst Vorgestern dort. Er
ist mit Sicherheit ausgeschaltet.“
Sie hielten auf den alten Leuchtturm zu, dessen Feuer sie
leitete. Hell leuchtete es ihnen entgegen. Mit letzter Kraft kamen sie
schließlich am Anleger an, der völlig verwaist war. Kein anders Schiff lag hier.
Der Steg war von einer Schneedecke bedeckt.
Die Männer vertäuten das Boot, und stiegen aus.
„Wir gehen erstmal in den Turm“, sagte Harmssen „Ich hab nen
Heizlüfter, Rum und einen Kocher, drin, das wir uns erstmal n´ Grog machen
können. Decken sind da auch.“
Sie umliefen den Turm, und kamen am vorderen Ende an, wo die
Tür war, und Harmssen stockte wieder: Auch der Weg vom Deich zum Turm war von
einer dicken Schneedecke bedeckt. Keine Fußabdrücke ,die zum Turm führten. Die
Türklinke war mit Schnee bedeckt. Es war, als wäre länger niemand hier gewesen,
und doch brannte oben das Leuchtfeuer.
Harmssen griff an die Klinke, die Tür war abgeschlossen. Mit
halb steifen Fingern kramte er einen Schlüsselbund hervor, und schloss auf, und
dabei wurde ihm klar, das es außer ihm nur noch eine Person gab, die einen
Schlüssel besaß, und den Leuchtturm
hätte in Gang setzen können, und das war Karl die „Bohnenstange!“
„Das kann doch nicht sein“, murmelte er, während er die
Leute einließ „Wie kann er ganz von allein angehen? Das grenzt ja an Zauberei.“
Nachdem er die anderen mit Grog und Decken versehen hatte,
ging er nach unten zum Versorgungsraum, und wurde blass, als er feststellte: Der
Hauptschalter war aus!
„Das gibt`s nicht, das gibt`s nicht, murmelte er vor sich
hin, während er wieder herauf ging, und oben brannte das Leuchtfeuer weiter.
Sie verbrachten den Rest der Nacht hier, bis am nächsten Morgen
eine Rettungsmannschaft aus dem Ort kam, und sie zur Seenot-Rettungs-Station
fuhr.
„Woher wusstet ihr, dass wir hier waren?“, fragte Harmssen
„Wir haben das Licht vom Leuchtturm gesehen, das ihr angeschaltet
hattet.“
„Aber wir haben es nicht angeschaltet. Es war an, und hat
uns zur Küste gebracht“
„Ihr wart das nicht? Das kann doch nicht sein!“
„Ich will dir noch was sagen: Der Hauptschalter war aus, es
hätte also gar nicht brennen können, und doch brannte es, und rettete uns das
Leben. Es ist geradezu ein Wunder “
„Nun ja, es ist Weihnachten, genau die richtige Zeit für Wunder“
Warum der alte Turm plötzlich zu leuchten begann, konnte nie
geklärt werden, aber die Geschehnisse dieser Nacht gingen als das „Wunder von
Deesum in die Chroniken ein, und noch Heute, wenn in stürmischen Winternächten draußen Schiffe in schwerer See in Not
geraten, soll der alte Leuchtturm sein Feuer leuchten lassen, und die Seeleute
sicher an die rettende Küste bringen. Den Deesumern ist ihr alter Turm seitdem
ein Heiligtum, und es heißt, zur Adventszeit soll sein Feuer besonders hell
leuchten.
ENDE