Meine zweite Advents-Geschichte.Viel Spaß, und schönen zweiten Advent!
Es war Heiligabend. In der Stadt herrschte reger Betrieb,
und auch auf dem Weihnachts-Markt war es voll. Menschen wuselten zwischen den
geschmückten Buden hin und her,die von bunten Lichtern erhellt wurden.
Es roch nach Glühwein, gebrannten Mandeln, Lebkuchen und
Bratwurst. Den Mittelpunkt bildete ein großer, festlich geschmückter Weihnachtsbaum,
neben dem zur Linken ein vergoldeter Holzthron stand. Dies war der Platz für
den Weihnachtsmann.
Doch der Weihnachtsmann hatte ein Problem. Er war sich nicht
sicher, ob er es überhaupt war, oder, um es genau zu sagen, ob er die Rolle überhaupt
spielen konnte. Lars war nämlich eigentlich ein Student, Anfang Zwanzig,
mittelgroß und von einer gewissen Körperfülle, die ihn äußerlich für den Job
geeignet erscheinen lies. Darum steckte er jetzt in diesem Kostüm.
Irgendwie hatte er seit seiner Kindheit nicht mehr viel
Freude an Weihnachten nicht mehr viel Freude. wie sollte er dann Kindern welche
vermitteln?
So grübelte er, und lief mit gesenktem Kopf hin und her, bis
er plötzlich mit jemandem zusammenstieß.
„Oh, Entschuldigung“, rief er
„Kein Problem, Kumpel“, erwiderte sein Gegenüber. “Lern mich
ruhig besser kennen!“
Lars sah auf, und hatte nun Gelegenheit, den Fremden besser
zu betrachten, der alles andere als alltäglich wirkte.
Er war groß und dick, hatte langes, rötliches Haar, und
einen ebensolchen Vollbart, in einem runden, pausbackigen Gesicht mit
gutmütigen Zügen. Die Augen waren groß, freundlich, und von wasserheller, blauer Farbe, In der
Mitte des Gesichtes saß eine große, rot leuchtende, runde Knollennase, und der
Mund ,der fast vom Bartwald verdeckt wurde, schien immer zu lächeln.
Auf dem Kopf trug er einen Kranz aus Mistelzweigen.
Bekleidet war hauptsächlich mit einem langen, dunkelgrünen Mantel mit weißem
Pelz –Besatz .Die Füße steckten in schwarzen Stiefeln.
Nun denn“, sagte er heiter „du spielst also den
Weihnachtsmann, willst Kinder glücklich machen. Das ist sehr schön.“
„Wie man ´s nimmt“, meinte Lars „Eigentlich hab´ ich damit
ein Problem“
„Warum? Komm schütte ruhig dein Herz aus. Ich bin ein guter
Zuhörer.“
Irgendwie besaß der Fremde eine unglaubliche Aura. Lars
hatte sofort das Gefühl, ihm völlig vertrauen zu können, und so erzählte er
freimütig.
„Hm, Hmm, ja, das ist wirklich ein Problem. Du hast
anscheinend den Geist der Weihnacht
verloren. Woll´n doch mal sehen, das du
ihn wieder findest.“
„Aber wie soll das gehen? Ich glaube nicht…“
„Richtig, du glaubst nicht, das ist der Punkt. Findest du
nicht, das an einem an Weihnachten alles wunderbar vor kommt?“
„Leider nicht. Was soll mir denn wunderbar vorkommen?“
„Was? Na sieh dich hier doch mal um, an diesem herrlichen
Weihnachtstag“
Und er vollführte eine weit ausladende Armbewegung über den
Weihnachts-Markt,, während er sich auf der Stelle drehte.
Und es war wirklich ein schöner Tag, oder Vormittag, um
genau zu sein. Aus einem weitgehend klaren Himmel fielen einige, wenige
Schneeflocken Die strahlen der Sonne wirkten trotz des Frostes leicht wärmend
und belebend.
„Sieh doch diese vielen schönen Lichter, wie schön alles
geschmückt ist, die vielen fröhlichen Menschen. Komm, lass uns ein Stück
gehen.“
Lars konnte nicht anders .etwas sagte ihm, das er diesem
seltsamen Fremden folgen sollte, und so ging er mit ihm.
Irgendwann blieb Dieser mitten auf dem Weihnachtsmarkt
stehen, und sog tief die Luft ein. .
„Aah, dieser Duft. riechst du das? Diesen Duft .von
gebrannten Mandeln, Lebkuchen, Glühwein und Tannenduft!“
Und tatsächlich, es lag ein wunderbarer Duft in der Luft. Sein
neuer Freund hatte Recht.
„Und ooh, dieser wunderbare Tannenbaum. Wie festlich
geschmückt. Ist er nicht eine Pracht?
Lars stimmte zu, doch angesichts des Throns neben dem Baum,
bekam er wieder Magengrummeln.
„Es gibt noch mehr zu sehen. komm“, sagte der Fremde, und
zog ihn weiter über den Markt zur gegenüber liegenden Seite, wo ein Bettler mit
seinem Hund saß.
Viele Menschen gingen an ihm vorbei, und die meisten von
ihnen warfen etwas in seine Sammelbüchse, das er sehr dankbar annahm.
„Siehst du, das ist der wahre Geist der Weihnacht“, sagte
der neue Freund „Es kommt darauf an, was man von sich selber gibt.“
Er ging zu dem Bettler, und tätschelte dem Hund den Kopf.
Das Tier sah freudig erregt und neugierig zu ihm auf.
„Ja, du bist ein guter“, sagte er „Du und dein Herrchen, ihr
habt bestimmt Hunger“, .Dann griff er in seine Manteltasche, holte ein Paar
Münzen hervor, und warf sie in die Sammelbüchse. Lars tat es ihm nach, worauf sich der Mann
freundlich bedankte, und auch der Hund ihnen einen liebevollen Blick zuwarf.
„Ah, du hast es verstanden, gut. Oh, sieh mal dort!“
Der sonderbare Fremde wies auf ein Gebäude, an dem
„Sammelstelle zur Flüchtlingsversorgung“ stand .Sie sammeln Spenden für
Flüchtlinge und sieh mal, wie viele Menschen etwas geben wollen .Ja, die
Menschen können gut und freigiebig sein.
Besonders zu dieser Zeit. Für ein Paar Tage im Jahr sind sie
die Menschen, die zu sein sie immer gehofft haben.“
In Lars´ Herzen regte sich etwas .Irgendwie hatte sein
seltsamer Freund recht, der in seiner Freude, über das was er sah, manchmal
kindlich naiv wirkte, und doch, er hatte Recht.
„Na was ist das denn? Der Fremde machte ihn auf eine Bank am
Dom Aufmerksam, auf der ein etwa zehnjähriges Mädchen saß, und weinte. Ehe Lars
noch etwas sagen konnte, war der Fremde bereits auf dem Weg zu ihr, und der
Junge Mann im Weihnachtsmann-Kostüm folgte ihm.
„Na, meine Kleine, wie kann man am Weihnachts-Tag so traurig
sein?“
„Ich hab meine Mama verloren“, piepste das Mädchen. Wir
waren in der Stadt Unterwegs,
und dann haben wir uns verloren. Nun bin ich ganz allein,
und kann nicht mehr nach Hause kommen.“
„Na, das ist wirklich ein Problem. Aber ich habe hier
jemanden, der dir helfen kann.“
Und er wies auf den völlig verdutzten Lars.
„Ooh“, staunte die kleine .“Der Weihnachtsmann! Du kannst
mich bestimmt zu meiner Mama bringen. Bitte, bitte hilf mir.“
Und sie sah aus großen, unschuldigen Augen erwartungsvoll zu
ihm auf. Der Fremde zwinkerte ihm aufmunternd zu.
„Na gut“, meinte Lars „überlegen wir mal…ah ja, das könnte
es sein, komm.“
Er nahm sie bei der Hand, und ging mit ihr die
Einkaufsstrasse herauf, vorbei an den Straßenbahnschienen und vielen Menschen,
bis schließlich sein Ziel in Sicht kam. Eine Bürgerkontakt -Station der
Polizei. Der Fremde sah es, und schmunzelte zufrieden.
Vor der Station stand, neben einem Polizisten, eine
aufgelöst wirkende Frau Mitte Dreißig. In dem Moment, als sie ankamen, drehte
sie sich um, bemerkte das Mädchen an seiner Hand, und rief:
„Lisa!“
Die kleine lies seine Hand los, rief „Mami“, und lief zu der
Frau, die sie erleichtert in die arme schloss.
Der Fremde stupste Lars an, und meinte vergnügt: “Gut
gemacht“
„Na sieh einer an“, meinte der Polizist „Da wird ihnen ihr
Kind vom Weihnachtsmann zurück gebracht.
Na dann hat sich die Sache ja erledigt“
Auch die Frau dankte ihm, und dann kam Lisa zu ihm, umarmte
ihn, und sagte „Danke Weihnachtsmann“
Lars hatte plötzlich einen Kloß im Hals .Die dankbaren Augen
dieses Kindes mit ihrem warmen Blick. das Gefühl, diesem kleinen Menschen aus der
Not geholfen zu haben, löste in ihm etwas aus. Er empfand plötzlich eine große Freude,
fühlte sich leicht, und irgendwie übermütig, als wäre er selber wieder ein
Kind.
Er strich über ihr Haar, und sagte:“Sehr gern geschehen,
mein Kind“, und ahmte dabei sogar eine tiefe Weihnachtsmann-Stimme nach.
Sein sonderbarer Freund wirkte quietsch-vergnügt, als er zu
ihm trat.
„Nun“, fragte er
„Ich habe verstanden “, sagte Lars „Ich fühle mich plötzlich
so leicht und fröhlich und ich glaube, ich habe den Geist der Weihnacht
verstanden.“
„Aha“
„Ja, mach anderen eine Freude, dann hast du selber Spaß.“
„Hervorragend, und kommt dir alles wunderbar vor?“
„Ja“
Der Fremde lachte schallend, und Lars konnte nicht anders,
als einzustimmen.
„Nun“, sagte sein seltsamer Freund“ Dann kannst du ja jetzt
auf deinen Platz am Tannenbaum. Dein Publikum wartet.“
Lars nickte
„Du hast Recht.“
Und sie gingen zum Weihnachtsmarkt zurück, und zum Baum.
Lars ging zum Thron, setzte sich, und begann seine Vorstellung als
Weihnachtsmann , während der Fremde in einiger Entfernung stehen blieb,ihm
aufmunternd zulächelte, und den rechten Daumen hob.
Es war eine tolle Vorstellung, und am Ende wollte man ihn
gar nicht gehen lassen. Die Veranstalterin meinte, er wäre der beste
Weihnachtsmann, den sie bisher hatten.
Schließlich ging er zu dem Platz, wo der Fremde zu Anfang
gestanden hatte, doch sein sonderbarer Freund war fort. Er sah sich eine Weile
nach ihm um, und sagte schließlich wie zu sich selbst:
„Danke du mir das zurück gegeben hast.“
Und nun? Na ja, einen Glühwein hatte er sich doch verdient.
So ging er zum Glühwein-Stand, und bestellte einen Becher.
Das Getränk wurde ihm gereicht, und er tat einen Zug. Es
schmeckte und wärmte. Tat einfach gut. Er warf einen Blick auf den Becher, und dann
stockte Er. Auf dem Becher war in allen Einzelheiten das Gesicht seines
sonderbaren Freundes abgebildet, samt Mistelkranz auf seinem Kopf. Einen Moment
lang war es, als würde es ihm zuzwinkern. Und nun sah er auch, was unter dem
Gesicht geschrieben stand:
Der
Geist der Weihnacht
ENDE