Die Sonne ging auf. Das erste Sonnenlicht des Tages tauchte
den Schnoor in gleißendes Rotgold. In den engen Gassen begann das rege Treiben
der Händler, die ihre Geschäfte öffneten.
Von der Bäckerei zog der duft frisch gebackener Brötchen
durch die Strassen, und vermischte sich mit dem des Kaffees, der allenthalben
gebraut wurde, zog nach oben , über die Dächer, von denen eines besetzt war,
und zwar von einem schwarzen Kater, der gemächlich dort Oben lag, die erste
Fütterung verdaute, und den Blick von dem treiben unten über das blaue Band der
Weser schweifen ließ.
Hier Oben war Timmys Lieblingsplatz, und er verbrachte viel
Zeit hier Oben. Er konnte hier gut abschalten, in den Tag hinein träumen, oder die Zeibeiner unten beobachten, und ihre
seltsamen Rituale. Das mit den kleinen Kästen,, die sie vor ihre Augen hielten,
und danach lachend hinein sahen, hatte er immer noch nicht ganz verstanden,
obwohl ihm zumindest schon einmal klar war, das, auf welche Weise auch immer,
Bilder von ihnen dort hinein kamen. Ulkig war allerdings, dass sie auch in
diese Kästen hinein sprachen.
So lag er dort dösend und in Gedanken versunken, als
plötzlich hinter ihm eine stimme ertönte:
„Morgen Timmy, Es gibt ein Problem“
Der Kater stand auf, und fuhr herum. Vor ihm stand Gesche,
eine Siam-Katze, die ihm Revier sehr bekannt war. Sie erschien plötzlich und
genauso schnell pflegte sie auch wieder zu verschwinden. Sie war geheimnisvoll.
Niemand wusste, wo sie her kam. Sie irgendwann
halt einfach da. Doch geheimnisvolles
Getue oder nicht, sie hatte Timmy bei manchem Abenteuer bei gestanden und ihn
mehrfach aus schwierigen Situationen gerettet.
„Gesche, was gibt´s?“
„ Hast du´s noch nicht gehört? Kaisen ist verschwunden.“
Kaisen war ein Hund, genauer gesagt ein Mops, und gehörte
dem Pförtner des Rathauses. Stolzes Mitglied einer ganzen Linie von
Rathauspförtner-Hunden, und entsprechend blasiert, im Grunde aber ein guter
Kerl, und die wohl beste Informationsquelle im Revier.
„Verschwunden?“, fragte Timmy
„Ja, wohl seit gestern Morgen schon, sein Dosenöffner sucht
ihn schon verzweifelt, die Smidts ebenso. Deshalb haben sie mich geschickt,
dich zu holen. Sie haben sich daran erinnert, wie erfolgreich du bei Ansgar
warst.
Smidt 1 und Smidt 2 lebten als Nachbarn von Kaisen im
Rathaus. Sie waren Mäuse, welche in einer art Hassliebe mit dem Mops zusammen
lebten, und hatten Timmy mit wertvollen Informationen über eine Mäusesekte im
Bremer Dom helfen können, deren Anführer entführt worden war.
Timmy stand bereits auf allen Vieren.
„Dann los!“
Um das Rathaus zu erreichen, mussten sie vom Schnoor aus zunächst schräg über die
Straße, am alten Polizeihaus vorbei, die Domsheide entlang ,und am Dom vorbei.
Sie betraten das Rathaus, unbemerkt vom Pförtner, der gerade
einen Steckbrief von Kaisen aufhängte. Gegenüber dem Pförtnerbüro lag das
Mäuseloch der Smidts.
„Hallo Smidts, wir sind da!“, rief Timmy ins Loch
Zwei kleine Näschen reckten sich zuckend aus dem loch
heraus, und ihre Besitzer kamen nach.
„Ah, Timmy, Gesche, gut, das ihr da seit. Wir sind schon
ganz verzweifelt. Wir haben im ganzen Revier nach gefragt, aber keiner hat ihn
gesehen.“
„Wann habt ihr ihn denn zuletzt gesehen?“
„Gestern Morgen, ganz kurz. Er wirkte so verstört, das wir
darauf verzichteten, ihn, wie immer, zu beleidigen, und dann ging er einfach hinaus,
und kam nicht wieder.“
„Hattet ihr eine
Ahnung, warum er so verstört wirkte?“
„Nein. Er sagte ja nichts“
„Also“, meinte Gesche „Wenn er nicht im Revier ist, wo kann
er sonst sein?“
„Vielleicht können wir euch daf fagen“, sagte eine Stimme
hinter ihnen, die Timmy bekannt vor kamen.
Sie fuhren herum, und standen zwei Katzen gegenüber, die
einen ziemlich traurigen Eindruck machten.
Die Erste war grau getigert oder war es mal gewesen, bei dem
Schmutz war es nicht mehr
richtig zu erkennen .Sein Fell war zerzaust und stellenweise
räudig. Von einem Ohr fehlte die Spitze und er hatte nur ein Auge. Auch zwei
Schnurrhaare fehlten.
Die andere in schwarzweiß sah nicht viel besser aus. Auch sein Pelz schien schon bessere Tage erlebt zu haben und er hinkte, da offenkundig das rechte Hinterbein wohl einmal gebrochen, nicht richtig behandelt geworden, und so in unnatürlicher Haltung zusammengewachsen war.
Die andere in schwarzweiß sah nicht viel besser aus. Auch sein Pelz schien schon bessere Tage erlebt zu haben und er hinkte, da offenkundig das rechte Hinterbein wohl einmal gebrochen, nicht richtig behandelt geworden, und so in unnatürlicher Haltung zusammengewachsen war.
„Max und Moritz!“, rief Timmy
Es waren tatsächlich jene beiden Kater, die Timmy bei seinem
Abenteuer Draußen auf der Mülldeponie kennen gelernt hatte. Sie hatten ihm
damals geholfen wieder nach Hause zu kommen. Timmy hatte oft an die wilden
Katzen vom Berg gedacht.
„Wie kommt ihr denn hierher, und wie geht´s den anderen von
euch.“
„Den Umftänden entfprechend bftenf“, erwiderte Moritz, der Schwarz-weiße
„Wir haben eine von den Handwerker- Stink-Kisten genommen,
mit denen sie Schutt zu uns bringen. Wir haben ihre Gespräche belauscht, und
wussten so, das sie in die Stadt fahren.“
„Was sind denn das für Dreckbeutel?“, quiekte es von unten
„Ah, ein kleiner fnack ist nicht fu verachten“, knurrte
Moritz grimmig, und wollte nach den Smidts greifen, wurde jedoch von
‚Timmy mit ausgestrecktem Vorderlauf
gehindert.
„Äh, die werden nicht gefressen, das sind Freunde“
„Fo, komiffe fitten habt ihr ftadtkatfen, aber na gut“
„Und ihr wist, wo Kaisen ist?“ lenkte Gesche die Diskussion
wieder in die Sachrichtung
„Denke schon“, meinte Max, „Ihr sucht einen Mops, der sich
Kaisen nennt, und dem Rathauspförtner gehört? Nun, so einer ist bei uns, und
hat uns eine abenteuerliche Story erzählt. Er wollte sich nicht bewegen lassen,
mit uns zu kommen, darum hat Kuder uns geschickt, Timmy zu holen, damit er mit
ihm redet.Er hat vor irgendwas Angst.“
Kuder, eine männliche Wildkatze, war der Anführer der wilden
Katzen vom Berg
„Nun gut, aber wie soll ich denn dorthin kommen?“, fragte
Timmy
„Auf dem selben Weg wie wir“, sagte Max „diese Handwerker
fahren noch öfter zur Deponie und zurück.“
„Gut, dann sollten wir keine Zeit verlieren, und
aufbrechen.“
Und ich, meinte Gesche, trommle schon mal die übrigen
Mitglieder des Schnoor-Hilfskorps zusammen. Wenn er vor etwas Angst hatte,
könnte es haarig werden.“
Und sie war verschwunden.
Timmy, Max und Moritz liefen mit den besten Glückwünschen
der beiden Mäuse zu dem Handwerker-Fahrzeug, um die Fahrt zur Deponie
anzutreten.
*
Nur ein paar Minuten, nachdem sie auf die Ladefläche des
Lieferwagens aufgesprungen waren, und sich zwischen den Bauabfällen versteckt
hatten, stiegen die Zweibeiner ein, und die Fahrt ging los. Sie verlief ohne
besondere Vorkommnisse, und Zehn Minuten später waren sie da.
Nachdem das Fahrzeug abgefertigt war, ging es zum Abladeort.
Die beiden Handwerker stiegen aus, und öffneten das Fahrzeug. Zusätzlich
schoben sie auch die Schiebetür an der Seite auf.
„Wenn sie von Hinten abladen, gehen durch die Seite raus“,
flüsterte Max. die anderen Beiden nickten, und im nächsten Moment setzten sie diesen
Plan in die Tat um.Timmy staunten nicht schlecht, als er ausgestiegen war.
Da hatte sich doch einiges geändert. Auf den Schildern war
nun eine orange farbene Sprechblase, und unten stand nun: D-i-e B-r-e-m-e-r S-t-a-d-t-r-e-i-n-i-g-u-n-g.Der Platz war
umgebaut, und entlang des Hanges stand nun eine große Mauer.
„Wir müffen da umfu,und beim Gafhäufchen hoch“, sagte
Moritz, und sie liefen los,wichen fahrenden Autos ,und abladenden Zweibeinern
aus, flitzten am Gashäuschen vorbei, und erklommen den Berg.
Oben blieb Timmy kurz stehen, und sah nach unten, auf das
rege Treiben und den verkehr auf der Recycling-Station, und die vielen
Zweibeiner, die in die großen Kisten warfen, was sie nicht mehr brauchten, und
jene ,in Orange, die sie dabei beaufsichtigten und berieten.
„Junge junge, unglaublich, was die Zweibeiner alles weg
werfen“, entfuhr es ihm
„Das kannst du ruhig laut sagen“, antwortete Max.
Sie überquerten nun den Berg. Zu dieser Seite hatte man
einen blick auf Felder und Wiesen, die hinter Gärten lagen.
Sie strebten nun jenem Ort hinter mächtigen Brombeer-Büschen
zu, den Timmy schon kannte, an dem die Katzen vom Berg hausten, und hier hatte
sich nicht viel verändert.
Ein freier, staubiger
von etwas Gras bewachsener Platz, auf dem allerlei Gerümpel, wie Holzkisten, Reifen
und ähnlichem lag. Dazwischen saßen oder lagen etwa 10-15 Katzen unterschiedlicher
Farbe und Größe, die bei ihrer Ankunft neugierig aufsahen. Die eine oder andere
dazwischen, die vorher nicht dort war. Viele von ihnen sahen ähnlich
mitgenommen aus, wie Max und Moritz.
An der
Stirnseite, lag ein Haufen alter Steinblöcke und Säulen, und bildete eine Art
Höhle, vor der Kuder lag, der Anführer, ein Wildkater, der einst aus dem
Bürgerpark hierher entwichen war, und tatsächlich, da neben ihm, saß- Kaisen!
„Aha, unser kleiner Freund, dem wir damals nach Hause
geholfen haben.Schön, dich wieder zu sehen.“, brummte Kuder
„Ich freu´mich auch, euch wieder zu sehen“, meinte Timmy "ich
wollte meinen Freund zurück holen.“
„Natürlich, der kleine Hund, der uns zu gelaufen ist“, und
er sah zu seiner Seite, wo der Mops saß.
„Er sagte so was, das er dein Freund wäre, darum habe ich
Max und Moritz geschickt.“
Timmy wandte sich dem Hund zu:
„Hey Kaisen, was ist los, warum hast du dich hier
versteckt?“
Kaisen sah ihn an
„Ich kann nicht zurück, obwohl ich hier auch nicht gern
leben möchte. Ich vermisse das Rathaus, ich vermisse die Smidts, das wirst du
ihnen aber nicht sagen, aber es geht nicht.“
„Warum?“
„weil ich etwas beobachtet, oder vielmehr gehört habe, was
ich nicht hätte hören dürfen. Ich weiß zuviel, und das könnte mein Herrchen in
Gefahr bringen.“
„Moment, erzähl doch mal von Anfang an. Was hast du gehört?“
„Also, mein Herrchen ging Gestern Abend mit mir im
Bürgerpark spazieren. Ich hob grade mein Bein an einem Gebüsch, um es zu
markieren, da hörte ich Stimmengemurmel. Da war jemand auf der anderen Seite,
und unterhielt sich. Ich ging näher ran, während Herrchen schon etwas weiter war,
und da hörte ich eine Stimme sagen:
>Morgen Abend kurz nach Acht geht es über die Bühne. Wenn
das Konzert läuft, wird die Abendkasse wenig beachtet, da ist der richtige
Zeitpunkt für den Überfall. <
>aber ist da an der Bürgerweide nicht noch viel los<
>Nein, das geht schon. wie gesagt, die meiste
Aufmerksamkeit wird das Konzert haben<
Dann bin ich auf ein Stöckchen getreten. Es knackte die
beiden horchten auf. Ich floh zu Herrchen, aber
ich glaube, sie wissen, das sie verraten sind, und weil ich Herrchen aus
der Sache raus halten wollte, bin ich Heute morgen abgehauen, und hierher
geflohen.“
„Aber das ist auch
keine Dauerlösung. Außerdem glaube ich, du möchtest lieber zurück ins Rathaus.
Wenn es stimmt, was du sagst, findet der
Überfall Heute Abend statt. Ich schlage vor, du kommst mit mir zurück, und wir verhindern
den Überfall, und sorgen dafür, das die Kerle eingesperrt werden, wie man das
bei den Zweibeinern macht.Dann kannst du dich wieder sicher fühlen.“
„Ich gehe auf Beobachtungsposten, und sage euch Bescheid,
wenn die Handwerker wieder da sind, dann schmuggeln wir euch raus.“, sagte Max,
und machte sich auf den Weg
Es dauerte eine gute Halbe Stunde, bis er zurück kam, und
meldete.
„sie sind wieder da, es kann los gehen!“
Timmy verabschiedete sich herzlich von Kuder und den anderen
Katzen, dann kletterte Er, Kaisen an seiner Seite, und von Max und Moritz
begleitet, über den Berg.
Beim Bauschutt stand das Handwerkerfahrzeug, und die beiden
Männer waren beim Abladen.
„Fätfe, wir beide lenken fie ab, und ihr steigt dann an der
Seite ein.“
Gesagt, getan, nach einem herzlichen Abschied liefen die
beiden Kater den Handwerkern in die Beine, so das sie fast stolperten, und sich
fluchend auf Max und Moritz stürzten, die sich flink verzogen, und in einiger
Entfernung stehen blieben.
Während dessen
schlüpften Timmy und Kaisen ins Auto, und versteckten sich zwischen dem
Werkzeug.
Ahnungslos schlossen die Handwerker ihre Arbeit ab, und
fuhren los. Als Timmy zum Heckfenster hinaus schaute, sah er neben dem
Glashäuschen die beiden Kater stehen, die die Vorderpfoten zum Gruß hoben.
Timmy tat es ihnen nach, und nun ging es der Stadt und der
Entscheidung entgegen.
*
Der Abend senkte sich über Bremen, die Sonne ging unter, und
tauchte die Stadt in rot-violettes Licht. Auf der Bürgerweide stand eine
riesige Bühne, auf der besagtes Konzert statt fand. Abseits davon, durch den
Park an der Gustav- Deetjen Allee , liefen einige Tiere entlang, nämlich zwei
Hunde und fünf Katzen, über denen eine Lachmöwe schwebte, und liefen nun über
die Straße, wo Polizeiwagen standen, und wo es zur Abendkasse ging.
Timmy und Kaisen hatten es mit ihrem unfreiwilligen Taxi
geschafft in die Stadt zurück zu kommen. Dort trafen sie sich in Timmys und
Emmas Garten im Schnoor mit den Freunden, die Gesche zusammen getrommelt hatte.
Kaisen erzählte den anderen noch einmal, was er Timmy
erzählt hatte, und gemeinsam schmiedeten sie einen Plan, um den Überfall zu
vereiteln.
Das Schnoor-Hilfskorps, dem sich ausnahmsweise auch Kaisen
angeschlossen hatte, kam bei den Polizisten an, sprang auf die Autos, und ging
die Beamten an, die sich gleich anschickten, die wild gewordenen Tiere einzusammeln.
Einer bestellte über funk einen Veterinär.
Die Hunde und Katzen steuerten nun, verfolgt von den
Polizisten die Abendkasse an, bei der just in diesem Moment die Tür aufgeworfen
wurde, und zwei Maskierte Männer heraus gestürmt kamen , und angesichts der
seltsamen Prozession kurz wie erstarrt stehen blieben, ebenso wie die Polizisten.
Es hatte schon ein wenig high Noon- Charakter als sich so Ordnungshüter und
Räuber gegenüber standen.
Dann kam Bewegung in die Sache. Die Räuber wollten den Weg
in Richtung Bürgerpark einschlagen, doch da liefen ihnen die Tiere zwischen die
Beine und brachten sie zu Fall.
Einer fluchte wütend. Kaisen, der die Stimme erkannt hatte
sprang triumphierend auf seinen Bauch, und bellte und knurrte ihn an, bis im
nächsten Moment zwei Polizisten sich über ihn beugten, um ihn fest zu nehmen.
Mit stolz erhobenem Haupt stolzierte der Mops zu seinen Freunden.
Einer der Beamten sah auf die Tiere und stutzte.
„Wollten die Viecher uns etwa...“ begann er, winkte dann
aber ab, und folgte den Kollegen, die die Räuber abführten.
„Na toll“, meinte Kaisen beleidigt „Da hilft man ihnen, und
liefert ihnen die Strolche, und dann...na ja, Zweibeiner!“
„Lass mal“, meinte Timmy lachend „Immerhin haben du und dein
Herrchen jetzt wieder Ruhe.“
„Richtig“, meinte Kaisen besänftigt, und ich habe mein
Rathaus wieder.“
Und sie gingen heim.
Nach her lag Timmy wieder auf dem Dach, genoss die abendliche
Brise ,und sah auf die Lichter der Stadt, und wandte den Blick von der Weser
nach Westen, wo in der Ferne blinkende Lichter einen berg bezeichneten, auf der
eine ganz besondere Art von Katzen wohnte, die ihm nun zum zweiten Mal geholfen
hatten.
Ende