26.5.2025, im Norden,
Irgendwann,Fortsetzung
Auch am Polarkreis wärmen um diese Zeit Sonnenstrahlen im
kurzen arktischen Sommer, welche den, sonst gefrorenen, Boden der Tundra
aufweichen, und in sumpfige Flächen verwandeln. Durch diese Landschaft fuhren
wir in einem alten Bus einem kleinen Dorf zu, das zum größten Teil aus
Holzhäusern bestand.
Während der ganzen Fahrt, war Celia auffallend still und
distanziert, ja geradezu spröde gewesen. Ich vermutete, dass das mit ihrer Haft
zusammen hing, und hatte Verständnis. Daher nahm ich es hin.
Unsere Reise neigte sich nun dem Ende zu. Wir hatten das Dorf
durchquert, und fuhren auf einen sanften , von einigen kleinen Lärchen
bewachsenen, Hügel, außerhalb des Dorfes zu zu, auf dem sich ein kleiner Bauernhof befand, der aus
einem Holzhaus ,und einer hölzernen Scheune bestand.
Der Bus hielt vor dem Haupthaus an. Wir stiegen aus.
Gleichzeitig öffnete sich die Tür des Hauses, und hinaus trat ein hochgewachsener,
etwa Siebzig Jahre alter Mann in der Kleidung des Lappen-Volkes. Sein Körperbau
war kräftig, das Gesicht scharf gezeichnet und wettergegerbt, und doch mit
gutmütigem Ausdruck. Wach und freundlich blickend die hellblauen Augen.
Sein Blick fiel auf mich. Er reichte mir die Hand, und sagte
in reinem Deutsch:
„Nun bist du also hier. Du hast es tatsächlich geschafft. Ich
bin Finn Hjärtisson. Kommt herein. Wir müssen uns auf die entscheiden Schlacht vorbereiten.“
Wir betraten das einfach eingerichtete Gebäude. Hjärtisson
führte uns durch das Wohnzimmer zu einer Treppe, die nach unten führte. Als er,
unten angekommen, das Licht einschaltete, staunten wir nicht schlecht.
Hier standen ein großes Funkgerät, ein Computer und ein
großer Flachbildschirm.
„Nun ist es an der Zeit, sich die Drei Umschläge anzusehen,
die du gesehen hast. Jeder ist für sich wichtig, und alle Drei gehören
zusammen.“
Ich nahm die Drei Umschläge aus meinem Rucksack, und legte
sie vor uns auf den Tisch, um den wir Platz genommen hatten.
„Fangen wir mit dem von Drees de Gruyne an.“, meinte
Hjärtisson, und griff nach dem dicken Umschlag. Er nahm einen Brieföffner und
öffnete ihn. Zum Vorschein kam eine DVD-Box, die eine CD enthielt. Hjärtisson
schaltete den Computer und den Bildschirm ein, und legte die Disc ein. Es erschien
ein Bild, das mir den Hals zuschnürte.
Auf dem Schirm erschien ein älterer Mann mit braunem, grau
meliertem Haar, freundlichen braunen Augen, und klugen Zügen, der zu sprechen
begann:
„Mein lieber Sohn, den ich nie kennen gelernt habe,
Wenn du das hier siehst, bin ich tot, und ich bin sicher
keines natürlichen Todes gestorben, selbst, wenn es so aussehen mag. Ich habe
jedoch meine Vorkehrungen getroffen, und du, Tobias, stehst in ihrem Vordergrund.
Du wirst dich nun fragen, warum ausgerechnet du, doch ich werde dich jetzt in
das Geheimnis einweihen. Das vielleicht größte und brisanteste Geheimnis
überhaupt.
Hat sich je jemand von euch gefragt, wer dieser
geheimnisvolle Kanzler ist, der so bewundert und zugleich gefürchtet wird, und
doch nie in der Öffentlichkeit auftritt? Nun, dann Tobias, mach dich bereit für
eine Überraschung oder mehr für einen Schock, denn
DU BIST DER KANZLER!
Du bist es, seit ich tot bin. Darum sind sie hinter dir her.
Darum wollen sie deiner habhaft werden.
Ich war der Kanzler. Ich habe das alles eingeleitet. Glaube
mir, wenn ich sage, dass ich es so nicht beabsichtigt hatte, wie es dann
gekommen ist.
Als ich dies einst begann, und alles aufbaute, hatte ich
eine Vision. Eine Vision von einem besseren, vereinten Europa. Doch es wurde
ein Alptraum daraus.
Du wirst dich fragen, warum ich nichts dagegen getan habe, wo
ich doch der Kanzler war. Nun, zum Einen erlag ich der Illusion, ich könnte es
noch selber ändern, doch dazu war es längst zu spät. Zum Anderen wusste ich
nicht mehr, wem in meiner Regierung ich noch trauen konnte. und so ging ich im
Geheimen in den Widerstand, und wurde einer seiner führenden Köpfe. Die
Regierung hielt die Illusion vom geheimnisvollen Kanzler weiter aufrecht, weil
sie ohne ihn ihre Macht nicht aufrecht erhalten hätte können.
In den anderen beiden Umschlägen, die ich dir geben lies, ist
alles, was du zur Durchführung der Operation „Morgenröte“ brauchst.
Ist diese Operation erst einmal im Gang, so kann sie nicht
mehr gestoppt werden, und wird zum Untergang des jetzigen Regimes führen, und
dazu das politische System in seinen Grundfesten erschüttern.
Groß-Europa, so wie es jetzt ist, wird dann unwiderruflich
aufhören zu existieren. Man muss, um etwas Neues, Besseres aufzubauen, das alte
nieder reißen.
Wenn du dich entschließt Tobias, Morgenröte in Gang zu
setzen, wäre es auch deine letzte Amtshandlung als Kanzler, doch du wärst der
Wegbereiter einer neuen Gesellschaft. In deinen Händen liegt nun das Schicksal dieser Gesellschaft. Mir ist bewusst, was ich
dir aufbürde, doch bin sicher, du wirst das richtige tun. Ich wünsche dir von
Herzen viel Glück, und die Kraft, diese Herausforderung zu bewältigen.“
Das Bild verlosch, und wir starrten uns fassungslos an. Mir
war schlecht, um mich drehte sich alles .Das war doch verrückt! Ich der Kanzler?
Ich sollte nichts weniger als eine Revolution in gang setzen! Mit zittrigen Händen
griff ich nach dem Zeiten Umschlag auf den Tisch, und begann, ihn zu öffnen, da
ertönte eine scharfe stimme.
„In Ordnung, dann wissen wir jetzt alles. Im Namen der
Regierung Groß-Europas ihr seid verhaftet!“
Masslos entsetzt, sahen wir Celia an, die eine Waffe auf uns gerichtet hielt, und uns böse
anlächelte. In der anderen Hand hielt sie ein Handy, in das sie sprach:
Major, haben sie uns geortet? Gut, ich erwarte sie“…