Tagebuch eines unfreiwilligen Helden
Prolog
10. Mai 2025
Während ich dies schreibe, sitze ich in einem fahrenden Zug,
auf einer Reise ins Ungewisse. Ich weiß noch nicht, wohin genau meine Reise
führt, noch ob ich je von ihr zurück kehre. Sicher weiß ich nur, das mein Leben
nie wieder das Selbe sein wird.
Dieses Tagebuch wird von nun mein ständiger Begleiter sein.
Es hilft mir ,nicht wahnsinnig zu werden, und sicher zu sein, das das alles wirklich
passiert. Ach ja, und Celia, die jetzt neben mir sitzt und döst. In dieser Ruhe
des unentwegt leise ratternden Zuges, der vorbei ziehenden Landschaft, und des
schlafenden Mädchens neben mir , kann ich die letzten Zwölf Stunden vor meinem
geistigen Auge Revue passieren lassen. Jenen Tag, an dem sich mein ganzes Leben
veränderte, an dem alles neu wurde.
Aber vielleicht muss ich noch etwas weiter ausholen . Muss
zurück kehren zu jener Zeit, als hier alles anders wurde. Die Zeit nach dem
großen Krieg, vor sieben Jahren.
Es gab unser Land nicht mehr. Es gab nur noch Groß- Europa,
das sich von Südeuropa bis in den Norden erstreckte, und im Osten bis nach
Russland .Nur hoch im Norden, am Polarkreis, und weit im Osten ,in Sibirien gab
es noch freie Zonen. Regiert wurde dieses Groß-Europa von der Partei der neuen
Einheit, und ihrem Vorsitzenden , dem „Kanzler“. Er war eine geheimnisvolle
Persönlichkeit, kaum jemand hatte ihn jemals persönlich gesehen, und man kannte
nicht einmal seinen richtigen Namen.
Genau genommen hätte das schon stutzig machen sollen, aber
er hatte Europa nach der Weltkriegs-Katastrophe geeint, und wieder aufgebaut,
und hatte selber viel Geld da hinein investiert. Darum vertraute, und wählte
man ihn. Merkwürdig eigentlich , jemanden zu wählen, den man nicht einmal
kannte.Streng genommen konnte man eigentlich
nur ihn wählen, denn es gab keine Konkurrenz. Er hatte alle Parteien zu der der
einen , der neuen Einheitspartei vereint. Doch andererseits, mit dieser
Regierung ging es nach den Trümmern wieder aufwärts, warum dann eine andere wählen?
Gut, man hörte davon, das irgendwelche Menschen
verschwanden. Als Jugendlicher sah ich einmal vom Fenster aus ,wie ein Nachbar
von den dunklen Männern abgeholt wurde. Er kehrte nie zurück. Wie viele Andere,
die abgeholt wurden, oder einfach so verschwanden. Doch man nahm es irgendwann
nicht mehr so wahr, man hatte seine eigenen Probleme .Die Städte waren wieder
aufgebaut, und das Leben begann wieder zu blühen.
Die Gesetze waren halt streng, und diese Leute wurden
bestraft, dachte man. Das Leben wirkte normal, und doch war jedem klar, das man
nicht wirklich frei, und unser Staat autoritär war. Aber wenn man sich an die
Gesetze hielt, brauchte man auch keine Angst zu haben, obwohl ich nicht wusste
, was unser Nachbar getan hatte, und warum er nicht zurück kam.
Der Kanzler, wie gesagt, hielt sich aus der Öffentlichkeit
heraus. Im Fernsehen war oft der Informations-Minister, Ewald Gruber zu sehen.
ein grobschlächtiger Mann mit zurück gekämmtem ,braunen Haaren mit grauen
Schläfen, einem schmalen Gesicht, hohen Wangenknochen, und stechenden ,grauen
Augen
Er gab bekannt, welche Erfolge die Regierung der
Einheitspartei wieder errungen hatte, und gleichzeitig geißelte er
„Schwarzmaler“, die dem Land schaden wollten , und kündigte ein hartes Vorgehen
gegen sie an, und dann wurden wieder welche abgeholt.
Immer gegenwärtig waren die, schon erwähnten, dunklen
Männer. Sie konnten überall lauern. Einer konnte neben dir sitzen, und du
hättest es nicht gemerkt.
Sie arbeiteten für den „geheimen Sicherheitsdienst“, die
Geheimpolizei des gefürchteten Polizei-Ministers Ernst Mordechai, von dem man
sagte, er wäre der heimliche Herrscher des Staates, dessen Sicherheitsapparat
nichts entging, und der sogar die anderen Minister bespitzeln lies. Es hieß, das
er ihre intimsten Geheimnisse kannte ,und ,wenn nötig, auch gegen sie
einsetzte. Manche sagten, seine Macht überstieg sogar die des Kanzlers.
So sah es also aus, in unserer Zeit. Aber jetzt zu jenem Tag,
an dem sich mein ganzes Leben änderte.
Teil 1:Das Vermächtnis
10.Mai 2025, Fortsetzung
Genau genommen begann es schon am vorigen Nachmittag, als
ich von der Arbeit kam. Ich, Tobias Schobert, von Freunden auch Toby genannt,
25 Jahre alt, untersetzt, mit dunkelbraunem Haar, braunen ,Augen, einer Brille,
und einem , man kann es nicht anders nennen, Allerweltsgesicht, hatte einen Job ,von dem ich zwar nicht in
Saus und braus, aber doch anständig leben konnte, und den ich gern tat. Ich
hatte keinen allzu großen Freundeskreis , und war so ziemlich einer der
normalsten und langweiligsten Menschen, die ich kannte. Bestimmt hätte ich nie
gedacht, ein Held zu sein, oder ähnliches. Aber dann bekam ich den Brief.
Er lag unter dem Briefschlitz in meiner Tür, als ich herein
trat. Ich hob ihn auf, und betrachtete ihn. Er war Büttenpapier, und von feiner
Aufmachung. Ich las den Absender: Rechtsanwaltskanzlei
Dr. Brem und Partner .Ein Anwalt? Was wollte der von mir ? Ich öffnete den
Umschlag, und entnahm ihm einen Bogen, ebenfalls aus feinem Büttenpapier, und
las ,was darauf stand:
Sehr geehrter Herr
Schobert
Hiermit möchten wir
sie bitten, zur Eröffnung des Testamentes ihres Vaters ,Herrn Alfred Kolb ,am 9.5.2025, um 10:00 Uhr
,zu erscheinen in unserer Kanzlei zu erscheinen .Bringen sie zu diesem Termin
bitte ihren Personalausweis, oder ein ähnliches Dokument mit, um sich
auszuweisen.
Mit freundlichen
Grüßen
Ernst F. Brem, Rechtsanwalt und Notar
Ich staunte nicht schlecht. Ich
hatte gewusst, das ich ein uneheliches Kind war, und ehrlich gesagt, hatte ich
damit nie ein Problem, aber bisher hatte ich gedacht , mein Vater wäre
gestorben, und das ich ihn darum nie kennen gelernt hatte , und nun schien es
,als hätte er die ganze Zeit gelebt. Warum hatte er sich nie bei mir gemeldet?
Ich dachte den ganzen Abend
darüber nach , und , was er mir wohl vermacht haben könnte, mit der Folge, das
ich die halbe Nacht schlaflos verbrachte.
Den Tag darauf hatte ich
dienstfrei, und fand mich so pünktlich um Zehn in der Kanzlei ein, die sich in
Schwachhausen befand.
Ernst F. Brem war ein großer, hagerer Mann mit Glatze,
und einer Brille mit randlosen ,ovalen Gläsern. Sein Gesicht war ebenfalls hager und faltig mit einer Hakennase und kleinen,
wasserhellen blauen Augen. Er reichte mir lächelnd die Hand.
„Schön, das sie es einrichten
konnten, Herr Schobert,“ sagte Brem, nachdem er meinen Ausweis geprüft hatte.
„Ja, wie ich ihnen geschrieben
habe, geht es um die Eröffnung des Testamentes ihres Vaters.“
„Wann ist er denn gestorben?“
„Ähm, vor einer Woche. Wir haben
ihn fast zwanzig Jahre lang anwaltlich vertreten. Nun, er hat Zwei Umschläge
hier für sie hinterlassen. Am besten lese ich erst mal das Testament vor:
Testament und letzter Wille von Alfred Kolb
An meinen Sohn Tobias,
Mein lieber Sohn .Wenn du diese Zeilen liest, werde ich tot sein, und
bin ihnen wahrscheinlich zum Opfer gefallen. Wahrscheinlich wusstest bis jetzt
nicht einmal, das es mich gibt, oder hieltest mich für tot. Doch ich lebte ,aber ich konnte nicht zu euch kommen, weil ich für das Polizei -Ministerium arbeitete .Dies musst du wissen, weil es von großer
Bedeutung ist für das Folgende. Ich hatte Zugang zu wichtigen Informationen,
und es gibt ein Geheimnis, welches das ganze Regime des Kanzlers zu Fall bringen kann. Ich habe
dieses Geheimnis Freunden anvertraut, deren Namen sich im zweiten Umschlag
befinden. Sie wissen Bescheid, und werden dir helfen. Nehme, was sie dir geben,
und bringe es in die freie Zone im Norden. Wohin genau, wirst du ebenfalls aus
dem zweiten Umschlag erfahren. Des weitern wirst du eine Vollmacht und eine Karte
finden, mit der du Zugriff auf mein Konto bei der Zentralbank hast. Man weiß
dort Bescheid.
Ich kann dir nicht verhehlen, das du in Gefahr geraten wirst. Es wird
für dich eine Reise ohne Wiederkehr werden, und dein Leben wird nie wieder so
sein, wie es war. aber nun bist du der einzige der die Diktatur beenden, und
die Junta stürzen kann. Ja, es ist eine Diktatur. Ich habe gesehen , was sie
Menschen angetan, und habe darum im Geheimen gegen sie gearbeitet. Doch nun
haben sie mich erwischt und es ist an dir, mein Werk zu vollenden, und Europa
in die Freiheit zu führen.
Die Bitte, meinen letzten Willen zu erfüllen, und meine ganze Zuneigung
sind mein Vermächtnis an dich.
Alfred M. Kolb
Um mich drehte sich alles. Ich
wusste nicht, was ich sagen sollte. Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf.
Ich sollte die Diktatur stürzen? Für so was brauchte man einen Helden, aber ich
war ein Niemand.
„Sind sie sicher, das sie den
Richtigen erwischt haben?“, fragte ich
„Ganz sicher“, meinte der Anwalt
lächelnd. Ich kann verstehen, das es sie etwas verunsichert, und das sie es
erst mal ein Schlag ist. Sein sie jedoch versichert, das sie derjenige sind ,
der gemeint ist. Übrigens kann ich ihnen sagen, das auf besagtem Konto ein Guthaben
von rund Drei Millionen Euro liegt.“
Ich riss die Augen auf.
„Drei Millionen!“
„Ja , Drei Millionen, die ihnen
zur Verfügung stehen, wenn sie die restlichen Bedingen erfüllen.“
„Aber ich bin ein Niemand. Ich
kann doch nicht mal eben meine Regierung stürzen. Außerdem, ich habe ein
Leben.“
„Nun“, sagte Brem, und seiner
Stimme klang Enttäuschung mit „Sie können die Erbschaft natürlich ablehnen“
„Danke, ich glaube, das möchte
ich a…“
Weiter kam ich nicht, denn
plötzlich brach die Hölle los….