3.Lillith
Vorbereitungen verzögerten die Abreise. Eine Abordnung Zwerge,
Kobolde, Elfen und andere Wesen kamen an, sprachen mit Lucina, und gingen
wieder. Auch ein Wolf, der eine Botschaft ihres Königs Grauwyn brachte, wurde
empfangen. Mit nachdenklich gerunzelter Stirn kam Lucina aus dem Haus, zu dem Tisch,
an dem Ronny, Baugin und Fenrick saßen.
"Sie bringen beunruhigende Nachrichten. Es geschehen unheimliche
Dinge im Wald, und es sind wieder Kinder verschwunden. Wir brechen bald auf. Ich
warte nur noch auf Nachricht."
Nur einen Augenblick später hörten sie ein Flattern, und Ein
großer Rabe landete auf Lucinas Schulter.
„Schwarzkleid?“, fragte Ronny
„Ich frreue mich das du mich noch kennst“, antwortete der Vogel,
dann wandte er sich zu Lucina.
„Sie wirrrd in einer Stunde am grauen Hügel auf euch warten.“
„Das ist gut, danke. In einer stunde werden wir es dorthin ohne
Wegestein schaffen. Brechen wir auf“
Sie schulterten ihr Gepäck, und machten sich auf in den
Wald. ein lauer Sommerwind fuhr durch die dichten Baumwipfel .Zwischen blättern
und Ästen schimmerte die sonne hindurch. die Luft war von würzigem duft und dem
Zwitschern der Vögel erfüllt.
Schweigend durchschritten sie den Wald .Ronny war nervös,
und versuchte sich zu beruhigen, indem er unter sein Hemd griff und das Amulett betastete.
*
Am Waldrand in Dusterwalde war eine große suche im Gang. Die
Rieses, Ronnys Pflegeeltern waren dabei.
„Ronny, Rooonnny!“, riefen sie immer.
„Er war doch schon mal verschwunden gewesen“, sagte ein
Polizist neben ihnen.
„Vielleicht hat es damit zu tun. Vielleicht weiß er auch,
was mit den anderen Kindern passiert ist. Eventuell hat er auch selber etwas
damit zu tun. Wenn sie etwas wissen, müssen sie es uns sagen.“
„Ronny hat nichts damit zu tun, und damals, das war etwas anderes.“,
sagte Herr Riese empört. Wir sollten uns lieber auf die Suche konzentrieren,
als unsinnige Beschuldigungen zu erheben.“
Doch der Beamte sah ihn argwöhnisch an. Insgeheim beschloss er
die Rieses nicht mehr aus den Augen zu lassen.
*
In den Wäldern kamen die Freunde nach einer ungehinderten
Wanderung am grauen Hügel an, einer leichten Erhebung mitten im Wald, auf dem
der Rest eines riesigen Baumes lag. wie übergroße Tentakeln, ragten die Zweige
der in ihrer Richtung liegenden Baumwurzel in alle Richtungen.
Sie sahen sich um, aber es war niemand dort. Wer immer sie erwartete,
schien sich zu verspäten. Da ertönte plötzlich eine feine, hohe Stimme:
„Ihr seid pünktlich!“
Die stimme kam direkt vom ausgerissenen Baum, und als sie
dort hin sahen, bewegte sich jetzt ein grau getigerter Körper zwischen der
Baumwurzel auf sie zu.Es war eine große Wildkatze.
„Lillith, Königin der Wildkatzen, schön, dich zu sehen, ich
grüße dich“, sagte Lucina
„Ich freue mich auch, dich zu sehen, da es so selten ist.“
Sie wandte sich Ronny zu.
„Du musst der Junge sein, der den Schattenfürsten bezwungen
hat.“
„Ja, ich bin es“, erwiderte Ronny.
Dann wandte sie sich Thore zu
„Ich habe noch nie einen domestizierten angehörigen unserer
Art gesehen.Du gehörst zu dem Jungen, nicht wahr“
„Ja“, erwiderte der norwegische Waldkater
„Und, ist es ein gutes Leben bei einem Menschen?“
„Ja, er ist mein Freund, und ich bin seiner“
Lillith nickte, und wandte sich wieder Lucina zu.
„Nun, was führt euch zu mir?“
Lucina zog das Pergament hervor, das Ronny in der Nacht
bekommen hatte, rollte es aus , und hielt es fest, so das Lillith es lesen
konnte. Niemand nahm unterdessen die Bewegung in der Baumwurzel wahr.
„Ich glaube, nur du kannst es lesen. Du bist berühmt als
Kennerin der geheimnisvollen Schriften.“
Die Wildkatze nickte, trat heran, und betrachtete das Pergament.
Ihre Augen weiteten sich, und ihre Züge nahmen den Ausdruck entsetzter Spannung
an. Schließlich sah sie zu ihnen auf.
„Woher habt ihr das?“
„Es wurde Heute Nacht mit einem Dolch auf das Fußende von
Ronnys Bett geheftet“, antwortete Lucina
„Hier ist er“.
Sie holte das Messer heraus, und zeigte es Lillith.
„Das ist interessant
und rätselhaft zugleich, denn diese Schriftart wurde seit Generationen nicht
mehr verwendet. Ich kenne es, weil die
Schriftlehre bei uns von Königin zu Königin weiter gegeben wird. Es stammt von
einem längst vergangenem Volk, das unserer Art vor langer Zeit nahe stand.“
„Und was bedeutet es?“
„Es ist eine Warnung. Wörtlich übersetzt bedeutet es in
etwa: Wehe dem, der es aufzuhalten versucht. Kehre um!“
„Dieses Volk, vom du sprachst, kennst du es genau?“
„Nein, denn es existiert seit Hunderten von Jahren nicht
mehr. Nur in Sagen und Geschichten lebt es noch, das Waldvolk, das einst hier
zu Hause war. Dann kam die große Katastrophe, die es vernichtete “
„Was ist damals passiert?“
„Genau weiß das niemand. Zerstörung und Tod, etwas, das ein
ganzes Volk vernichtete, wie der Sturm diesen Baum entwurzelte.“
„Kannst du dir vorstellen“, fragte Lucina „Warum jemand
ausgerechnet in dieser Schrift eine Warnung an uns schickt?“
„Eine sehr interessante Frage, auf die auch ich keine
Antwort finde“
Plötzlich ertönte ein Schrei. Lucina wirbelte herum, und sah
mit Schreck geweitet Augen, das die Baumwurzel lebendig geworden war. Ihre
Zweige hielten Ronny eisern umschlungen in der Luft, und drohten ihn zu
ersticken….
*
Urplötzlich fühlte Ronny sich von harten armen umschlungen,
und in die Luft gehoben .Angstvoll blickte er sich um. Es war die Baumwurzel,
deren Zweige sich um seine Arme und Beine, und schließlich auch um seinen Hals
schlangen. Eine legte sich auch auf seinen Mund und verschloss ihn
In Todesangst bäumte er sich gegen die Ranken auf, doch er
konnte ihrem eisernen Griff nicht entgegen setzen. Er öffnete die Augen, und
sah grüne und violette Lichtblitze, die aus den Händen von Lucina, Lichtfang
und Fenrick kamen, aber ihnen anscheinend nichts anhaben konnten. Er sah noch
wie Lillith und Lucina von Ranken umschlungen,
und in die Höhe gehoben wurden, dann wurde alles Schwarz, und es war vorbei…