4.Ein neues Rätsel
„Roonny, Roonny!“ Er
hörte die durch einen Schleier aus Mattigkeit und Übelkeit. Um ihn herum
waberte Nebel, und in der Ferne schien ein Licht zu sein. Sah so die andere Seite aus? War das der Tod?
Dann begann sich der Nebel zu verziehen. Es wurde hell, und
er begann alles wieder klar zu sehen. Besorgte Gesichter beugten sich über ihn.
War er jetzt im Jenseits angekommen?
*
Unbarmherzig hielt die Ranke Lucina und ihre Freunde
gepackt. Irgendwie hatte sie jedoch den linken arm frei behalten. Verzweifelt
wand sie sich im Griff der Wurzel.Und dann fiel ihr etwas ein: Sie hielt etwas
in der freien linken Hand. Sie versuchte mühsam den Kopf zu drehen, und sah, es
war der Dolch, den sie Lillith gezeigt hatte. Eine Hoffnung, wenn auch eine
schwache. Soweit es der Griff des Ungeheuers zuließ, holte sie tief Luft, dann
stieß sie mit aller Kraft, die sie noch aufbringen konnte, den Dolch in die
Ranke.
Ein gutturales Geräusch, gleich einem Schrei, ertönte, die
Baumwurzel erzitterte, und eine Art blauer Nebel entwich ihr, der eine Art
waberndes Gesicht bildete. Zwei, ihre form ständig verändernde Augen, und eine ebensolche Mundöffnung, die
sich zu einem Schrei zu verziehen schien. Dann löste sich der blaue Nebel auf. Die
Wurzelranken erstarrten, und ließen die Gefangenen los.
„Roonny, Roonny!“ riefen sie.Mühsam rappelten sie sich auf. Lucina
lief sofort zu Ronny, so schnell ihre noch schwachen Beine es zuließen. Er war
bewusstlos .sein Gesicht hatte sich bläulich verfärbt. Die Freunde folgten ihr.
„Er braucht Luft“, rief Baugin. Lucina beugte sich über ihn,
öffnete seinen Mund, und blies eine glitzernde weiße Wolke Luft hinein. Sofort
begann er zu zucken, und hustete.
„Ich bin tot, nicht wahr? Das hier ist das Jenseits“
Lucina lächelte „Nein, soweit ist es noch nicht. Du bist
noch am leben, und unter Freunden.“
„Oh“, entgegnete er und blinzelte. Tatsächlich, er sah in die,
jetzt erleichterten, Gesichter seiner Freunde.
Lillith kam mit Thore heran.
„Ihr müsst mächtige Feinde haben, aber einen ebenso
mächtigen Freund. Wer immer euch gewarnt hat, hat euch mit diesem Dolch eine
mächtige magische Waffe gesandt.“ Und sie wies mit der Pfote auf das Messer,
das noch im Baum steckte.
Lucina nickte “Du hast Recht. Ich habe ihn spontan
eingesetzt. Es war meine letzte Hoffnung, aber dass ihm solche Kräfte inne wohnen,
hatte ich nicht gedacht. Ein Feind hätte uns eine solche Waffe sicher nicht
geschickt.“
Sie streckte die Hand aus. Der Dolch begann zu zittern,
löste sich dann aber aus der Wurzelranke, und schwebte schließlich auf die Fee
zu, die ihn geschickt auffing, und ihn an sich steckte.
„Ein weiteres ‚Rätsel, welches wir zu lösen haben. Wer ist
unser unbekannter Helfer, und was ist das für ein Feind, der über eine so
mächtige Magie verfügt?“
„Savinius der Abt der blauen Mönche könnte euch weiter
helfen. Er kennt sich mit dunkler Magie aus. Ihr Kloster liegt am Weg vom
Hexenstern nach Falkenburg.“
Zum Hexenstern wollten wir sowieso .Nun haben wir umso mehr
Grund dazu. Doch erst kehren wir zu meinem Haus zurück. Ronny braucht erst
einmal Erholung.“
„So lebt wohl“, sagte die Wildkatze „Doch seid auf der Hut
.Eure Feinde haben Kontakt aufgenommen, und werden sich nicht aufhalten lassen.
Wo wir euch helfen können, werden wir euch helfen.“
*
Es saß vor einer Art Kristall, und sah hinein. Blauer Nebel
umwaberte die hagere, Gestalt mit dem leicht gekrümmten Rücken .Der erste Anschlag
war fehlgeschlagen, aber das konnte es verkraften .Es würden weitere Fallen auf
sie warten. Wichtig war, sie aufzuhalten, bis es vollbracht war. War das große
Werk erst vollendet, so würden sie unbesiegbar werden, und jetzt noch war,
würde nie wieder kommen. Der Untergang der Welt, wie sie jetzt war, stand bevor…