Zweites
Kapitel
Das von den Tücken und Problemen einer
Staatsgründung erzählt
Am nächsten Morgen um 9:00 Uhr trat der Gemeinderat zur
Sitzung zusammen. Anwesend waren,natürlich
Bürgermeister Mummsen, dann Hinnerk Laake, dann Hein Klinke,
Landmaschinenhändler, der einen Landhandel in Gülleberg-Mitte besaß ,ein großer,
stämmiger, semmelblonder Mann von 42 Jahren, ausserdem Alfred Furken, der
Landarzt, ein kleines ,schmächtiges Kerlchen von fast 70 Jahren, der wohl der
halben Gemeinde mit Welt geholfen hatte.Er hatte ein bartlose ,schmales
,sonnverbranntes Gesicht und wasserhelle blaue Augen.,zum Schluß Harm Bunken,
der Pastor der Gemeinde Gülleberg, ein kleiner ,rundlicher Mann mit gutmütigem
pausbäckigen Gesicht und einer Brille mit Halbmondgläsern.
„Ich eröffne die Sondersitzung des Gemeinderates von
Gülleberg“, sagte Mummsen mit dröhnender
Stimme „Einziger Tagesordnungspunkt ist die Gründung des Staates Fürstentum
Gülleberg“ „Fürstentum Gülleberg? Wir ,ein unabhängiger Staat?“, fragte Pastor
Bunken mit bedächtiger Stimme“ Wisst ihr auch was ihr tut?“ „Natürlich“, gab
Mummsen zurück „Übrigens würde dann ihre Kirsche zum Dom, und sie Bischoff“ „Oh
ja, das wäre schön, aber dann muß ein bisschen ausgebaut werden, das es
wirklich ein Dom ist. Ich meine ,es muß ja nicht gleich Limburg sein.“ „Natürlich nicht“, meinte Mummsen, „Wir sind
ja schließlich kein reicher Staat, äh.. werden.“
„aber sag, mal, wie kommst du eigentlich darauf, das wir uns
so einfach mal unabhängig machen können? “fragte Furken „Es gibt eine Urkunde,
die besagt ,das wir eigentlich ein freies Fürstentum sind. Hilde wird gleich
noch in die Sammlung kommen, und die Urkunde vorlegen.“
Und gerade als er dies gesagt hatte, klopfte es schon an die
Tür .Sie öffnete sich ,und Hilde trat ein. „Oh ,ihr seid schon alle da. Sehr
gut“ ,meinte sie ,setzte sich auf den freien Platz am Tisch, holte eine Mappe
aus ihrer Tasche und legte sie auf den Tisch, so das alle sie sehen konnten.
Sie öffnete sie ,und holte ein vergilbtes Blatt Pergamentes heraus.
„“Hier ist die Urkunde, aus dem Jahre 1650 ,die Gülleberg zu
einem unabhängigen Fürstentum erklärt ,und sie wurde nie widerrufen. Somit sind
wir also eigentlich immer unabhängig gewesen, das heißt, wären, denn der Fürst
muß sie noch unterschreiben.“ „Der Fürst?“, fuhr Kalle auf “Wir haben keinen
Fürsten!“ „Doch, doch“, widersprach Hilde „Nach meinen Nachforschungen gibt es
noch einen Nachfahren der Fürsten von Gülleberg, genau genommen ist es ein
unehelicher Spross aus einer Liaison der Fürstin mit dem Stallknecht ihres
Gestüts, einem Gustav Spin.“ „Willst du sagen, mein Knecht Jan ist der Fürst
von Gülleberg?“, rief Laake aufspringend. „Daran“, antwortete Hilde
triumphierend „besteht kein Zweifel.“
„Alles klar“, meinte Kalle Mummsen, „Jan Spin soll hierher
kommen“, sagte er zu einem neben ihm stehenden Helfer. Der nickte und ging
davon. „ So, und bis er hier ist, fahren wir mit der Staatsgründung fort.
Hier“, er entfaltete ein Papier, welches die ganze Zeit auf dem Schreibtisch
lag , „habe ich einen Plan, der die Grenzen unseres neuen Staates zeigt, sie
entsprechen im wesentlichen den Grenzen unserer Gemeinde:
Ich denke, Vier Grenzposten in jder Himmelsrichtung sollten
reichen. Natürlich müssen wir auch einen Zaun ziehen.“
„Aber es gibt Landwirte aus den Nachbargemeinden, die hier
Felder haben.“, gab Laake zu bedenken. „Da findet sich schon ne´ Lösung“,
beschwichtigte Mummsen, „So,und nun helft mir mal,was brauchen wir noch?“
„Grenzposten und eine Armee!“, meinte Klinke
„Da soll sich Konrad Bull drum kümmern. Er ist ja
schließlich unser Gemeindescheriff. Werde nachher mal mit ihm reden.“
„Behörden und Ministerien“, rief Furken „Gut, Gut ,wir
müssen eine Wahl organisieren, aber erstmal muß der Staat stehen.“ „Du Kalle,
ich werde doch Landwirtschaftsminister“ ,raunte Laake dem Bürgermeister zu. „Äh
ja natürlich .Aber erstmal müssen wir wählen. Wie wär ´s ,wenn du schon mal
einen Bauernverband gründest?“ „Oh ja, natürlich ,und ich wird´ Vorsitzender“
„Ach, und eine Flagge brauchen wir noch.“, meinte Hilde „Ah
ja, kannst du so was entwerfen?“ „Sicher“ „Gut, dann wäre das ja auch geklärt.“
Es klopfte, und Konrad Bull, der Gemeindepolizeichef trat
ein. “Du hast mich bestellt ?“,sagte er
„Ah ja, “Mummsen nahm den Plan vom Tisch und reichte ihn Bull. “Nimm dir ein
paar Helfer, besorg dir Material und zieh entsprechend dem Plan einen
Grenzzaun, und in jeder Himmelsrichtung setzst
du ein Zollhäuschen zur Grenzkontrolle. „Äh, machst du Witze? „ „Siehst
du, das ich lache?, wir gründen einen eigenen Staat, du könntest es zum
Innenminister bringen!“ „Oh, ich hab´ verstanden“ ,sagte der Polizist, salutierte
, nahm den Plan und ging.
„Schön, dann wollen wir weitermachen…Was ist denn das?“
Von draußen drang Lärm ins Sitzungszimmer, der sich als
Musik entpuppte. Es klang wie die „internationale“ nur etwas schief gespielt.
Die Tür ging auf, und herein kam Ernesto Gebhard und mit ihm die fünf
Mitglieder seiner Landkommune, zwei hatten Trompeten und einer eine Trommel,
und spielten vorgenanntes Lied. Ernesto trug eine rote Fahne, die er schwenkte.
„Was soll dieser Auftritt?“, rief Mummsen, ist bei euch was
durchgebrannt?“ „Im Gegenteil“, antwortete Ernesto „Wir sind der neu gegründete
Gewerkschaftsbund von Gülleberg“ „Gewerkschaft? Ihr spinnt wohl!“, schrie
Klinke „Aha“, meinte Ernesto „gerade ein Fürstentum geworden ,und nun glaubt
ihr ,ihr könnt die Gutsherrenart wieder einführen, aber nicht mit uns. Wir
haben schon Flugblätter verteilt, und planen weitere Aktionen.“ „Da soll doch
gleich …!“,fluchte der Landhändler. „Moment, Moment“, sagte der Bürgermeister
„Da können wir noch drüber reden.“ „Ja, das müssen wir auch“ ,sagte Gebhardt
„Aber wir bleiben dran. Übrigens seht ihr hier auch die Gründungsmitglieder der
sozialistischen Partei Güllebergs. Wir werden an der Wahl teilnehmen, denn es
gibt doch eine Wahl?“ „Natürlich gibt es die“ bestätigte Mummsen „Nun denn ,bis
dann, wir sprechen uns noch“, sagte Ernesto bestimmt. Dann machte er kehrt und
seine Begleiter ebenfalls. Sie nahmen ihre Instrumente und unter den Klängen von
„Brüder zur Sonne zur Freiheit“, marschierten sie wieder aus dem Raum.
„Na das hast du ja klasse gemacht“, sagte Klinke säuerlich.
„Keine Sorge, die kriegen wir schon in den Griff“, entgegnete der
Bürgermeister. „Äh, was meinst du, Gülleberger Volkspartei?“, fragte Laake „Öh,
ja sicher“
Es klopfte wieder, die Tür öffnete sich wieder und herein
trat Jan Spin. Laakes Knecht war ein junger Mann ,Zweiunddreißig Jahre alt
,dunkelblond, mittelgoß und sehnig, mit einem männlich, schönen ,leicht
verträumt wirkenden Gesicht. in den blauen Augen lag der Schalk, als er in die
Runde blickte.
„Jo, da bin ich“, sagte er „was gibt ´s denn ?“ „Ah Jan,
mein Junge“, sagte Mummsen ,stand auf und reichte ihm die Hand „Ahem, das
heißt, ich bin geehrt, euer durchlaucht als erster die Hand zu schütteln.“
„Durchlaucht?“ Jan sah den Bürgermeister verständnislos an.
„Oh ,ja“, meinte Hilde „Du bist der letzte rechtmäßige Fürst
von Gülleberg. Hier“, und sie faltete ein Blatt auf dem Tisch auseinander.“ Der
Stammbaum, der von Güllebergs, und sieh, hier ist deine Linie“ „Leute, was ist
hier los, habt ihr´ n zu großen Frühschoppen
genommen?“ „Nein, nein, das ist Ernst. Du bist der Fürst von Gülleberg und
darum musst du di Urkunde unterzeichnen ,die die Republik Fürstentum Gülleberg
entgültig rechtmäßig macht. Natürlich wirst du Standesgemäß versorgt. Wir
machen dir das alte Herrenhaus am Ortsrand fertig, Wird bestimmt n´ schöner
Palast.“ Hätte man Jan gesagt, das er schwanger geworden ist, dann wäre sein
Gesichtsausdruck nicht verdatterter sein können. “Ihr meint das wirklich Ernst
oder.“ „Natürlich .Du bist jetzt unser Staatsoberhaupt. Selbstverständlich hast
du repräsentative Aufgaben. Die Gesetze macht das Parlament und du
unterschreibst sie und ernennst die Minister und ähnliche Dinge“ „Hmm“, machte
Jan und verzog das Gesicht zu einer pfiffigen Mine „Eigentlich klingt das nicht
schlecht. Muß Hinnerk mich dann auch mit ,wie war das… ,Durchlaucht anreden?“
„Soweit kommt es…“, wollte Laake auffahren, wurde aber von Mummsen mit einer
Geste zum Schweigen gebracht. „Selbstverständlich, er ist ja auch Untertan“
„Das kannst du nicht von mir erwarten, Kalle. Ich werde doch nicht meinem
Knecht nicht als Durchlaucht anreden oder ihm huldigen. Wie komme ich denn
dazu?“ „Nun, du hast doch gehört, das ich die Minister ernenne“, feixte Jan,
dem die Sache allmählich Spaß zu machen begann, „und wenn du vorhast,
Landwirtschaftsminister zu werden, solltest du dir angewöhnen, dein Staatsoberhaupt
richtig anzusprechen“ „Komm du mir mal nach Hause“, knurrte Hinnerk Laake.
„Nicht nötig, ich krieg doch jetzt n´ Herrenhaus. Ach hab´ ich schon erwähnt,
das ich kündige?“
Ehe Laake noch etwas antworten konnte, ergriff Kalle Mummsen das Wort: „Äh, Jan ,da du
offenbar einverstanden bist, willst jetzt die Urkunde unterschreiben?“ „Die
Urkunde? Sicher ,her damit“ Und der Bürgermeister schob dem Knecht ,der
plötzlich Fürst war, die Urkunde zu, und der unterschrieb sie mit heitere
Miene: Jan Spin, Fürst von Gülleberg.
Damit war die Republik Fürstentum Gülleberg offiziell
geboren.
„Tja,“ ,meinte Jan schmunzelnd „Das kann ja noch heiter
werden.“