Der Gedanke an die „Geister-Katze“ lies Timmy nicht mehr
los.Viel rätselte er darüber, und es zog
in zurück in die Innenstadt.
Bei einem seiner Streifzüge begegnet er auch Gesche wieder,
die auf dem Geländer der Steintreppe zum Schütting lag und döste. Als sie ihn
bemerkte, öffneten sich ihre Äugen zu Schlitzen.
„Ah, unser kleiner Nachwuchs- Streuner! Nett, dich mal
wieder zu sehen, Timmy“
„Ebenso“, antwortete der Kater. „Wo ich dich grade treffe,
du hast doch bestimmt etwas von dieser Geister-Katze gehört, ich meine die an
diesem vier Tiere –Standbild erscheint und wieder verschwindet“
Gesche schmunzelte
„Haben nicht alle Katzen diese Angewohnheit zu erscheinen
und plötzlich wieder zu verschwinden? Aber ich glaube, ich weiß, was du meinst,
beschreib sie mir doch mal.“
„Nun, sie ist grau, fast blau, hat ein dickes Fell und gelbe
Augen, ich glaube, die Zweibeiner nennen solche Katzen Karthäuser“
„Ich glaube…“, meinte Gesche leise lachend „…du meinst den
blauen Peter. Er ist gewisser Massen
eine Berühmtheit, zumindest für unsereins. Er soll ein Schiffskater gewesen
sein, so vor 150 Jahren, als man unser Gleichen oft auf Schiffen hielt wegen
der Ratten. Nun ja, es soll sich eine Legende um ihn ranken, und er soll eine Art
Glücksbringer sein. wenn er dir erschienen ist, dann hat das was zu bedeuten.“
„Aber was?“, wollte Timmy wissen
„Hmmm…eine gute Frage“, entgegnete Gesche geheimnisvoll „wo
ist er dir erschienen? In der Böttcherstrasse?“
„Ja ,bei den Stadtmusikanten“
„Das ist interessant. Weißt du, er rettete, so die Legende,
seine Mannschaft vor Räubern, die eines Nachts, als sie im Hafen lagen , auf
das Schiff kamen, um die Mannschaft zu töten und auszurauben. Es heißt, er lag
auf dem Kajütendach, und als er sie sah, sprang er wiederholt gegen die
Schiffsglocke, so dass der Lärm die Mannschaft weckte, und die Räuber vertrieb.
Ihr Hauptmann aber, als er sich durch Peter verraten sah, nahm den Kater und
schleuderte ihn in seiner Wut gegen die Schiffswand, dass ihn die Knochen im
Leib brachen. Sie begruben ihn dort, wo heute die Stadtmusikanten stehen, das
ist der Grund, warum er häufig dort erscheint. Doch er erscheint nicht jedem,
und wem er erscheint, dem verheißt er großes. so erschien er einmal einem armen
Handwerker, und der machte kurze Zeit später sein Glück als Unternehmer.“
„Das klingt aber ziemlich phantastisch“
„Du hast ihn doch gesehen oder?“
„Natürlich, aber was sollte er mir großes Voraus sagen?“
Das ist die frage“, meinte Gesche, und schloss die Augen
„Vielleicht gehst du noch einmal hin“, sagte sie, und wies mit der Pfote in die
Richtung, in der man zur Böttcherstrasse kam.
Unwillkürlich folgte Timmy ihr.
„Ja , vielleicht keine schlechte Idee. Weißt du…“ doch als
er sich ihr wieder zuwandte, war sie verschwunden.
„Nun gut.“, meinte er zu sich selbst „geh ich noch einmal
hin“
Mittlere weile dämmerte wieder der Abend, als er in die Böttcherstrasse,
und zum Standbild kam. Zu dieser Stunde leerte sich die Strasse und es war
ruhig. Er sah sich um. Einen Kater jedoch sah er nicht. Er ging zum Standbild
mit den vier Tieren, und legte sich daran nieder. Passanten, die an ihm vorbei
kamen, nahmen kaum Notiz. So verging eine stunde und noch eine halbe. Er wollte
schon gehen, hatte sich erhoben und schritt vom Standbild weg. Es war wohl doch
nichts. Vielleicht hatte Gesche ihn auch an der Nase herum geführt, und was er
damals gesehen hatte, war wohl doch eine Sinnestäuschung gewesen.
Er blickte sich noch einmal zu den Stadtmusikanten um, und
da sah er ihn-den blauen Peter! Da stand der Kater, neben dem steinernen
Tierabbild. Mit dicken blaugrauen Fell und gelben Augen, umgeben von einer
bläulichen Aura.
Timmy trat langsam auf ihn zu.
„Hallo, bist du der blaue Peter?“ Der andere antwortete
nicht, blieb nur starr stehen und sah ihn unverwandt an.
„Willst du mir irgendwas sagen? Steht mir etwas Großes
bevor?“
Er blieb weiter sitzen, doch plötzlich erhob er sich, und
lief in Richtung Martinistrasse. Wo wollte er hin? Als er merkte, das Timmy zögerte,
hielt er und drehte sich zu ihm um.
„Soll ich dir folgen?“
Der Kater drehte sich um, und lief weiter. Timmy folgte ihm.
Es ging tatsächlich in Richtung Martinistrasse, darüber hinweg, und schließlich
zum Weserufer. Dort blieb er stehen, und blickte auf das Wasser der Weser,
deren leichte Wellen im licht der untergehenden Sonne rot-orange glitzerten.
Timmy hielt neben ihm. Unverwandt starrte der blaue Peter auf das Wasser.
„Hat es etwas mit dem Wasser zu tun? Mache ich eine
Schifffahrt?“
„Vielleicht“, antwortete er, aber mit der Stimme von Gesche,
oder… Timmy drehte den Kopf zur anderen Seite. Dort saß sie .Schnell blickte er
zur anderen Seite, doch der blaue Peter war
nicht mehr da.
„Tja, irgendwas muss es mit der Weser zu tun haben. Umsonst
hat er dich nicht hierher geführt.“
„Das klingt ja, als hätte er gewusst, das ich zu jenem
Zeitpunkt in der Böttcherstrasse bin“
„Oder, das er auf dich gewartet hat“, entgegnete Gesche.
„Wie dem auch sei, dir steht etwas Großes bevor, und es hat
mit dem Fluss zu tun. Aber jetzt sollten wir gehen.“
Sinnend sah Timmy noch einmal auf die sich leicht kräuselnde
Weser, dann traten sie den Rückweg an.
Als er wieder im Schnoor war, konnte er es nicht lassen, auf
seinen Lieblingsplatz auf dem Dach zu klettern. Von hier aus konnte er auf das
jetzt dunkle Band der Weser, und auf die nächtliche Stadt sehen, und da- War da am Weser-Ufer nicht ein
schwaches, bläuliches Leuchten? Timmy lag lange hier oben, und starrte auf
jenen blauen Punkt, der irgendwann immer blasser war. Was war es wohl, was er ihm sagen wollte, und welches
große Ereignis oder Abenteuer? stand ihm
bevor?