Sonntag, 28. Juni 2015

Neptun hat´s satt-Teil 9

Jetzt geht es ins Finale,aber vorher noch, was bisher geschah:


Am nächsten Morgen sitzen Neptun, Jan und Bella beim Frühstück. Käpt´n Kidd hat der Meergott vorsichtshalber Oben in der Badewanne gelassen.
„Haben sie sich überlegt, was sie sagen wollen?“, fragt Jan
„Sicher, so in etwa schon, aber ich rede lieber aus dem Bauch heraus.“
„Wie wollen sie es eigentlich schaffen da rein zu kommen und zu reden?“
Neptun lächelt.
„Oh, da machen sie sich keine Sorge“

Sie verlassen das Restaurant und gehen in Richtung Kongress-Saal. Vorher geht Neptun noch nach oben ins Zimmer und holt Käpt´n Kidd, den er sich in die Tasche steckt, und greift sich seinen Gehstock. Die Konferenz soll um 9:00 Uhr beginnen. Während dessen erreichen ein ziemlich erschöpfter Kommissar Kremer und einige Polizei-Beamte das Hotel, betreten das Foyer, und gehen zur Rezeption.
„Entschuldigung“, spricht der Kommissar die junge Dame an. „Haben hier in letzter Zeit ein alter und ein junger Mann, sowie ein Mädchen eingecheckt?“
„Ja ,gestern Abend. Ein Meeresforscher samt Tochter und Assistent.“
„Wissen sie, wo sie sind.“
„Möglicher Weise beim Frühstück oder schon im Saal. Die Konferenz beginnt ja um Neun“
Der Kommissar bedankt sich und geht mit den Beamten zunächst zum Speisesaal.

Inzwischen kommen Neptun, Jan und Bella beim Kongress-Saal an. Davor steht ein Portier.
„Guten Morgen. Wer sind sie?“
„Professor Neptun, Meeresforscher, mit Assistent Kolle und Tochter“ dabei holt er die Karten hervor.
Der Portier geht seine Liste durch „Hmm, ich finde sie nicht“
„Sehen sie noch mal genau nach.“, entgegnet Neptun liebenswürdig, dabei richtet er verstohlen den Zeigefinger auf die Liste, aus dem  ein kleiner blauer Blitz ins Papier fährt.
„Ah ja, da sind sie!“, ruft der Portier aus. Wie konnte ich das übersehen?“
„Ach, das passiert manchmal. “ sagt der Meergott gutmütig, und betritt mit seinen Begleitern den Saal.
Es sind bereits viele Leute dort. Sie suchen sich einen Platz und setzen sich.

Draußen kommt Kremer nach ergebnisloser Suche im Speisesaal wieder im Foyer an.
„Zum Kongress-Saal“, befiehlt er kurzer Hand.
Drinnen hat die Konferenz begonnen. Gerade spricht die Kanzlerin. Neptun hört den Reden von Wissenschaftlern, Politikern, Wirtschaftsvertretern und Vertretern der Umweltschutz-Verbände interessiert zu.
„Es scheint guter Wille da zu sein, aber sie begreifen offenbar das eigentliche Problem nicht“, sagt er zu sich.
Schließlich ist es soweit: Neptun geht auf die Bühne und zum Rednerpult. Gleichzeitig langt Kremer beim Saal an.
„Entschuldigung, da läuft eine Konferenz, da können sie jetzt nicht rein.“ Sagt der Portier.
„Polizei“, raunzt der Kommissar und holt seinen Ausweis hervor.Widerwillig öffnet der Portier die Tür. Zwei bleiben draußen, und bewachen die Tür“, kommandiert Kremer, und betritt mit den restlichen Beamten den Saal.

Hier steht Neptun am Rednerpult, blickt auf die Leute unter sich und beginnt:
„Meine Damen und Herren, Frau Kanzlerin, liebe Menschen.
Mein Name ist Neptun, und zwar DER Neptun.“ Damit verwandelt er sich. Der Anzug verschwindet, und Vorschein kommt sein grünlich schimmerndes Gewand, Käpt´n Kidd sitzt wieder auf seiner Schulter, er trägt eine Krone, der Gehstock in seiner Hand, verwandelt sich in seinen Dreizack. Er wirkt nun nicht mehr, wie ein unbedarfter alter Mann, sondern macht einen Respekt einflößenden, majestätischen  Eindruck. Er lässt den Dreizack leicht auf den Boden auftreffen, und der ganze Saal erzittert in einem leichten Beben.
„Ich hoffe, das reicht, um sie zu überzeugen, denn wir haben wichtiges zu tun.
Nun denn, ich bin aus meinem Reich zu ihnen gekommen, weil es, wie man bei ihnen sagt, schon Fünf nach Zwölf ist. Zu lange habe ich mit angesehen, wie der Mensch die Meere verschmutzt und Raubbau an ihnen getrieben hat. Wie er seinen Müll in ihnen ablädt, sie aus Profitgier  mit Riesenflotten leer fischt, sie mit Waffen, Öl und anderen Stoffen verseucht und wertvolle Lebensräume zerstört. Ihr wirklich bemerkenswerter technologischer Fortschritt hat die Menschheit hochmütig werden lassen. Sie haben die Geschwindigkeit erfunden, doch innerlich sind sie stehen geblieben. Wie kann es sein, das Heute oft mehr Einfallsreichtum aufgewendet wird, um Arten des Tötens zu erfinden, als dazu, Leben und  Schöpfung zu erhalten?

Sicher, sie haben hier das Weltnaturerbe Nationalpark Wattenmeer, und es gibt andere Meeresschutzprojekte,die ich sehr begrüße, aber gleichzeitig exportieren sie mit Waffen Krieg und Tot in andere Regionen, und zerstören woanders Meere und Natur im Interesse ihrer Konzerne, weil im Zweifel kurzsichtige Interessen nach immer höheren Renditen in immer kürzerer Zeit, über die Interessen der Menschen und nicht zuletzt die der Natur gestellt werden.
Natürlich hätte ich als Gott der Meere die Mittel, die Menschheit von der Erde zu tilgen, doch dann hätte ich mir sicher nicht die Mühe gemacht hierher zu kommen. Ich glaube, dass die Menschheit es wert ist zu überleben, und davon abgesehen hätte ich es gar nicht nötig, denn, wenn sie so weiter machen, werden sie sich letztendlich selbst vernichten.

Sie, liebe Menschen, begreifen einen entscheidenden Punkt nicht .Auch sie sind nur Teil der Natur, und nehmen sich darum mit deren Zerstörung zunehmend selbst die Lebensgrundlage. Denken sie daran. Die Natur, wie auch das Meer braucht sie nicht, aber sie brauchen die Natur und das Meer. In diesem Sinne, und in ihrem Interesse meine wirklich wohlwollend gemeinte Aufforderung: Denken sie um!“  
Neptun verlässt die Bühne und tosender Applaus brandet auf, der sich zu stehenden Ovationen auswächst. Ein Blitzlicht-Gewitter geht auf ihn nieder, aber er beachtet die Kameras nicht. Er setzt sich zu Bella und Jan.
Kremer steht an der Tür und blickt sich verstohlen um. Wenn er den alten jetzt verhaftet, wird es ihn wohl den Job kosten. Die Anklage wird sich wohl jetzt nicht aufrecht erhalten lassen. Er bedeutet den Beamten ihm zu folgen und verlässt den Saal.

„Der Einsatz ist abgeblasen“, stößt er mühsam hervor, und sie verlassen das Hotel.
Drinnen fasst man nach kurzer Diskussion eine Resolution, eine Absichtserklärung, sich verstärkt für den Meeresschutz einsetzen zu wollen, und dafür bei den anderen Staaten zu werben, denn nationale Alleingänge bei gesetzlichen Regelungen gehen doch nicht.

Sie bleiben noch eine Nacht. Früh am nächsten Morgen gehen sie zum Meer überqueren den Deich und bleiben am Ufer stehen. Es ist Ebbe. Das Meer hat sich zurück gezogen, und glitzernd liegt das Watt in der Morgensonne. Etwas weiter kann man durch die Fahrrinne die dicken Pötte in die Wesermündung einfahren sehen.
Neptun, Jan, und Bella sehen auf das schier endlose Watt.
„Glauben sie, dass sie erfolgreich waren?“, fragt Jan
„Nun“, meint der Meergott „Ich habe nicht so viel mehr als eine solche Resolution erwartet. Aber ich glaube schon, das ich ihnen eine Saat ins Herz pflanzen konnte.Ich habe, glaube ich die Menschen erreicht, und wenn nun langsam ein Umdenken beginnt, war ich erfolgreich, aber das wird die Zukunft zeigen. Im Grunde genommen ist die Menschheit noch eine sehr junge Spezies, quasi noch im Flegelalter, und nun entwickelt sie sich hoffentlich weiter und wird erwachsen.“

Er reicht Jan die Hand
„Und bei ihnen, denke ich, ist die Saat bereits aufgegangen. Vielen Dank für ihre Hilfe. Leben sie wohl“
„Sie kommen nicht wieder?“
Neptun lächelt.
„Vielleicht, aber wohl erst zu einer Zeit, wo es sie nicht mehr gibt, aber eventuell lerne ich dann ihre Nachkommen kennen. Ansonsten, werde ich die Menschen sowieso im Auge behalten.“
Sie reichen sich noch einmal die Hände, Bella umarmt Jan
„Mach´s  gut“,

und Käpt´n Kidd, winkt zum Abschied mit der rechten Schere. Dann wenden sich Neptun und Bella um, und gehen ins Watt. Gemütlich, wie sie gekommen sind, gehen sie auch. Einmal noch wenden sie sich um, und winken dem jungen Mann, der mit zugeschnürter Kehle am Ufer zurück bleibt. Immer kleiner werden sie, bis sie schließlich das Watt und der Horizont verschlucken.

ENDE