Sonntag, 29. März 2015

Fenris und das Skelett auf dem Kutter-Teil 4

Hier wird der Fall aufgelöst.Wer jetzt einsteigt ,dem sei empfohlen erst zu lesen, was bisher geschah:


So, und nun viel Spaß mit dem Finale:

Während wir im Auto saßen, klingelte das Handy des Kommissars. Fenris zog eine Grimasse. Er hatte nicht allzu viel übrig für diesen „neumodischen Kram“. „Dein scharfer Verstand reicht in den meisten Fällen aus, den Täter zu finden“, sagte er oft. Doch hatte er durchaus die Möglichkeiten der modernen Kriminaltechnik schätzen gelernt.

Stieler betätigte die Freisprechanlage, und nahm den Anruf an. So konnten wir nun alle die Stimme des Kriminaltechnikers Martin Lenz aus Bremerhaven hören.
„Wir sollten doch die Waffe aus dem Haus von Biese mit dem Projektil aus Gramels Schulter vergleichen, und was soll ich sagen: Es war die Waffe, mit der auf Gramel geschossen wurde.“
„Sehr interessant, danke, Martin“, sagte Stieler, und kurze Zeit später, nach einem Belanglosen  Gespräch, hängte er ein.

„Ja, wirklich interessant“, kommentierte Fenris sinnierend. Er wandte sich an mich:
Sie haben doch sicher ein Paar Erkundigungen über Frau Gramel eingezogen.
„Sicher“, sagte ich „Lara Gramel, verwitwete Terjes, geborene Keil, 39 Jahre alt, geboren in Bremerhaven, Realschulabschluss, Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten ,arbeitet neben ihrer Firma ehrenamtlich für eine Wohltätige Organisation und spielt im hiesigen Theaterensemble des Stadttheaters. Aus der Lebensversicherung ihres Mannes bekam sie drei Millionen Euro, die der Grundstein ihres jetzigen Geschäftes waren.“
„Hochinteressant“, meinte mein Boss „Es wird sicherlich ein Erlebnis sein, die Dame kennen zu lernen.“
*
Gramels Haus lag Außerhalb von Frersum, am Ende eines schmalen Weges, der von der Landstraße abging. Es handelte sich um eine alte Villa im Jugend-Stil, mit dekorativ geschwungenen Linien und flächenhaften, floralen Ornamenten, erbaut etwa zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Hinter dem Haus begann besagter Park, in dem der Anschlag auf Gramel verübt wurde.
Die  Hausherrin begrüßte uns persönlich. Lara Gramel war eine bildhübsche, zierliche Frau mit kastanienfarbenem Haar, und blassem, herzförmigen Gesicht mit dunkelblauen Augen. Schlicht, aber elegant gekleidet, in creme- farbener Bluse und Jeans.

Sie gab jedem von uns die Hand, und führte uns in den Salon, in dem ihr Mann saß, mit dem Arm in der Schlinge, den oberen Teil bandagiert, und uns ebenfalls begrüßte.
„Was kann ich für sie tun?“, begann sie
„Nun, zunächst möchten wir wissen, wie das mit dem Attentat war“, begann Fenrissen, an Stelle des verdutzt wirkenden Kommissars.
Lara Gramel zögerte, dann sprach sie.
„Nun, ich war mit Hausarbeit beschäftigt…“,
„Mit welcher?“
Lara sah befremdet auf
„Staub wischen auf den Möbeln. In Häusern wie diesen stauben sie schnell voll.“
„Ah ja, sehr interessant, weiter“
„ Plötzlich hörte ich aus dem Garten einen Knall, ich lief zur Tür, und da kam mein Mann bereits herein, stark aus der Schulter blutend.“
„Und sie ergriffen sofort Maßnahmen zur ersten Hilfe“
„Ich legte ihn im Salon auf das Sofa, verbad ihn, flösste ihm etwas Cognac zur Beruhigung ein, und lies vom Mädchen den Notarzt rufen.“
„Gingen sie danach noch einmal in den Park, um Spuren zu suchen?“
„Nein, ich fuhr mit meinem Mann ins Krankenhaus“
„Natürlich“
„Ich verstehe nicht ganz, was diese Fragerei soll“

„Ahem“, meldete sich Stieler zu Wort. „Ein paar Routinefragen, von Herrn Fenrissen, nichts weiter. Aber wir haben auch ein Paar Neuigkeiten für sie. Vom Tod  Jens Bieses haben sie sicher schon erfahren, nun, es sieht so aus, als wenn er Terjes getötet hat, sowie den Zahnarzt Karl Bertold, und auch das Attentat auf sie hat er verübt."
Die Gramels wirkten sehr erleichtert.
Ach ja, Biese seinerseits, ist offensichtlich von einer gewissen Lena Schramm getötet worden, die eine Schwester von Hauke Terjes zu sein scheint, und nach der wir jetzt fahnden. haben sie von der schon einmal gehört?“
Lara schüttelte den Kopf, und auch Robert Gramel sagte: “Nein, nicht das wir wüssten. Sie muss eine Halbschwester gewesen sein. Jedenfalls hat er sie nie erwähnt.“
„Aber“, meinte Lara “Wenn sie das alles schon wissen, warum noch die Fragerei?“
„Wie gesagt, Routine, griff Fenris nun ein, „aber zur Entschädigung würde ich sie gern heute Abend bei mir zum Essen einladen. die Adresse steht hier auf der Karte.Sie sind übrigens auch herzlich eingeladen, Herr Kommissar."
„Nun, das ist zwar sehr überraschend, aber da wir Heute Abend nichts vor haben, warum nicht?“
*
Das Abendessen bei uns verlief in gemütlicher Atmosphäre, welche lediglich einmal getrübt wurde, durch ein gesprungenes Weinglas, das Fenris austauschen ließ. Nach dem Dessert verschwand Fenris kurz mit dem Kommissar. Dann nahmen sie wieder an der Tafel Platz, und Fenris fasste das Ehepaar Gramel scharf ins Auge.
„Es hoffe, es hat gemundet“, sagte er freundlich „Dann kann ich sie ja mit einer Neuigkeit konfrontieren: Ich glaube nicht, das Jens Biese unser Mörder ist, auch nicht Lena Schramm.“
Die Gramels wirkten ein wenig irritiert.
„Und wer sonst?“, wollte Lara wissen
„Nun, der Mörder von Karl Bertold heißt Hauke Terjes“
„Äh, Hauke Terjes ist tot“, warf Gramel ein
„Nein, keineswegs“, entgegnete Fenris. “Er ist höchst lebendig, und sitzt jetzt hier an der Tafel.“ Er sah Gramel scharf an.

„Um es kurz zu machen, sie sind Hauke Terjes, und jener Tote auf dem Kutter ist, beziehungsweise, war Robert Gramel. Das Motiv: Versicherungsbetrug. Drei Millionen sind viel Geld. Es gab keine dritte Person auf dem Kutter. Sie töteten Gramel, zündeten das Schiff an, und sprangen über Bord. Sie haben lediglich ihre schwimmerischen Fähigkeiten überschätzt, so das man sie heraus fischen musste.
Sie tauchen ein Jahr unter, verändern ein wenig ihr aussehen durch färben der Haare und entfernen des Bartes und kehren als Robert Gramel zurück. Da sie aber ein kluger Mensch sind, haben sie sich einen Plan B bereit gelegt.

Als der Kutter mit der  Leiche gefunden wird, brechen sie in der Praxis von Bertold ein, um die Zahnärztlichen Unterlagen zu vertauschen, damit der Tote auf dem Schiff als Hauke Terjes identifiziert wird. Unglücklicher Weise wurden sie dabei vom Hausherrn überrascht. Ich will ihnen zubilligen, das sie nicht von Anfang an vor hatten, ihn zu töten, doch nun waren sie dazu gezwungen.Den Schmuck und das Geld nahmen sie natürlich mit,um Raubmord vor zu täuschen.

Damit waren sie eigentlich sicher, aber wie ein Künstler, dem der Erfolg zu Kopf steigt, mussten sie es übertreiben. Sie mussten unbedingt noch einen Sündenbock liefern. Dazu täuschten sie zunächst das Attentat vor. Das auf sie geschossen wurde, wissen wir ja nur durch ihre Aussage. Es gab keine Zeugen, doch in Wirklichkeit schossen sie sich die Kugel selbst in die Schulter. Das ist durchaus möglich, wenn man die Waffe weit genug von sich weg hält, und es ist eine äußerst raffinierte Art, jeden Verdacht von sich abzulenken. Und während ihre Frau zu Biese fährt, und ihn umbringt lenken sie im Krankenhaus mit Bedacht unsere Aufmerksamkeit auf ihn.

Nach dem Mord hinterlässt sie die Waffe, mit der sie vorher Bertold erschossen hatten,zusammen mit dem Geld und dem Schmuck ,sowie jenen Hammer, mit dem sie Gramel erschlugen, übrigens weiterer Beleg , wie sehr sie mit Bedacht vorgingen, damit wir Biese für den Mörder halten.

Und nun gibt die Theater-Schauspielerin Lara Gramel ihre Vorstellung als Lena Schramm im Nordsee-Palast. Auf dem Zimmer hinterlässt sie die Kleider, dann zieht sie sich um. Einen Raumpflegerin-Kittel, ein Kopftuch, das reicht als Tarnung, um das Hotel zu verlassen völlig aus, denn eine Raumpflegerin fällt nicht weiter auf.“
*
„Das klingt alles hoch interessant, aber ich glaube, das können sie nicht beweisen“,sagte Lara eisig
„Doch, einen Beweis hat ihr Mann freundlicher Weise Heute Abend selbst geliefert, nämlich seine Fingerabdrücke. Ich gebe zu, das das Glas mit dem Sprung ein Trick war.In Absprache mit Herrn Stieler geht dieses Glas nun in die Kriminaltechnik, zur Fingerabdruckanalyse und mit Fingerabdrücken hinterlässt man ja auch genetische Spuren. Manchmal ist der neumodische Kram doch nützlich.“

„Im Übrigen“, meinte Stieler, „dürfte es kein Problem sein, einen Schmauchspurentest bei ihnen, sowie an der Leiche Bieses vor zu nehmen, und als ich eben mit Herrn Fenrissen hinten war, habe ich einen Durchsuchungsbefehl für ihr Grundstück angefordert .Wahrscheinlich wird sich dann auch die Beute vom Zahnarzt finden.“

 „Darüber hinaus“, ergänzte ich „dürften sich auch an dem Hammer Blutspuren finden, die eine Gen- Analyse ermöglichen. Vergleichsmaterial wird sich finden.“
„Und nicht zuletzt“, meinte Fenris „dürfte sich problemlos eine Gegenüberstellung von ihnen im Hut, Kleid und Sonnenbrille der geheimnisvollen Frau Schramm mit dem Hotelmanager arrangieren.“
„Ich mache sie darauf aufmerksam“, sagte der Kommissar „das sie keine Aussage zu machen brauchen. Andererseits kann ein Geständnis nur in ihrem Interesse sein.“

Es entstand eine lange Pause. Die Gramels sahen sich an.
„Was können wir jetzt noch tun?“, sagte Robert Gramel zu seiner Frau.
Sie saß Kerzengerade, und sah uns fest an
„Gar nichts mehr. Das Spiel ist aus, und wir haben es verloren. Ja, sie haben alles richtig erkannt“, Herr Fenrissen. Aber eines können sie nicht wissen, nämlich, das Robert mit dem Plan vertraut war, und es selber wollte. Er war nämlich tot krank, hatte einen Gehirntumor, inoperabel.
> Ich habe keine Verwandten, ihr wart immer meine Familie, und wenn ich schon sterben muss, dann soll mein Tod  doch nicht ganz umsonst sein<, sagte er zu uns.
Verstehen sie, es begann mit einer fixen Idee, dem Gedanken, was wir anstellen konnten, wenn wir die drei Millionen sofort bekämen. Und so wurde der Plan geboren.“

„Es war komisch, unter anderem Namen zu leben“, warf Gramel ein „Aber es war die einzige Möglichkeit. Robert wollte, dass es unerwartet kam. Irgendwann, wenn wir auf See waren. Es kostete mich viel Überwindung, doch für ihn war es eine Erlösung. Ich schlug ihn also nieder, und zündete das Schiff ein, dann sprang ich über Bord. Der Rest  war so, wie sie sagten. Den Zahnarzt wollte eigentlich wirklich nicht töten, die Pistole hatte ich nur zur Sicherheit mit, aber er riss mir die Maske vom Gesicht, da hatte ich keine Wahl mehr. Es ist unheimlich, wie viel leichter ein Mord fällt, wenn man einen schon begangen hat, obwohl das mit Robert kein richtiger Mord war, sondern eher Sterbehilfe“

„Und der anonyme Brief war auch ihre Idee?“
„Nein, er war meine“, sagte Lara „er sollte zusätzliche Verwirrung stiften. Wir hatten erst überlegt, ihn an die Polizei zu schicken, fanden einen renommierten Privatdetektiv dann aber doch reizvoller als Adressaten.“
„Na ja, das Ziel, Verwirrung zu stiften, haben sie ja auch erreicht. Und Lena Schramm?“
„War auch meine Idee. Ich schrieb den Brief unter ihrem Namen an Biese, dann ging ich zum Termin dorthin. Biese staunte nicht schlecht. Bei der ersten Gelegenheit gab ich ihm die Kugel, dann ließ ich die Pistole und den Hammer bei ihm. die Kellerräume hat mir mein Mann beschrieben, der schon dort war. Und dann checkte ich, wie von ihnen beschrieben im Hotel ein, und ließ die Verkleidung dort, sowie das alte Bild, von meinem Mann, auf das er nachträglich die Widmung geschrieben hatte, sowie die Pistole, die ich in der Schublade versteckte.“

„Tja“, meinte Stieler „dann gibt es wohl keine Fragen mehr“
Er bestellte einen Streifenwagen, und das Ehepaar Gramel, beziehungsweise Terjes, wurde abgeführt.
„Eine reife Leistung, Herr Fenrissen“, lobte der Kommissar „aber wie sind sie darauf gekommen.“
„Ich sagte ja schon, sie haben es mit Biese übertrieben.“, antwortete der Gefragte „Es war einfach zu unglaubwürdig, das Biese den Zahnarzt getötet haben sollte, und als ich den Mord an Bertold mit der Tatsache kombinierte, das er auch Terjes und Gramel behandelte, sowie ,das der Tote anhand der Zahnärztlichen Unterlagen identifiziert wurde, da löste sich alles von selber auf. Natürlich war es schwierig, als dies e Lena Schramm dazwischen kam, aber ein Bluff lies auch dies passen.“
Nachdem wir uns noch einen Drink genehmigt hatten, verließ uns der Kommissar, und Fenris bat mich:
„Wenn demnächst ein anonymer Brief kommt, werfen sie ihn doch ungelesen in den Müll“